25 Jahre August Macke Haus „Jetzt habt ihr ein Haus“

Bonn · Vor 25 Jahren wurde das Bonner Wohnhaus des Künstlers August Macke nach dramatischer Rettung eröffnet. Sein Enkel Til Macke hat die Entwicklung über Jahre begleitet: „Ich bin froh über das Museum und unterstütze es nach Kräften“.

 Bonner Bürger gründen 1989 in August Mackes ehemaligem Atelier den Verein August Macke Haus.

Bonner Bürger gründen 1989 in August Mackes ehemaligem Atelier den Verein August Macke Haus.

Foto: GA-ARCHIV/FRANZ FISCHER

Das Bonmot des Kabarettisten Konrad Beikircher traf die Situation exakt: „Jetzt habt ihr ein Haus, aber es ist nix mehr drin. Die Möbel sind weg, die Bilder sind weg, und auch das Wandbild, die Skizzenbücher und der ganze Nachlass sind weg.“ Eine bittere Bilanz an einem wichtigen Tag und ein Ansporn für alle, denen August Macke am Herzen lag. Schon zehn Jahre nach Beikirchers Stichelei, vorgetragen anlässlich der Eröffnung des August Macke Hauses am 25. September 1991, konnte die damalige Direktorin Margarethe Jochimsen Erfolge melden: Es sei wieder etwas drin in dem Haus, meinte sie, „es ist bis unter die Hohlziegel gefüllt“.

Damals schon hörte man den Hilferuf aus dem Macke Haus, man platze aus allen Nähten. Die Antwort wächst vom Hochstadenring gut sichtbar neben dem historischen ehemaligen Wohnhaus des Malers: Sein riesiges Konterfei schmückt heute den von Karl-Heinz Schommer entworfenen Erweiterungsbau. Am 1. Oktober 2017 sollen das dort untergebrachte, modernen Museumsstandards genügende Ausstellungsgebäude und das angrenzende, August Mackes Leben und Werk gewidmete Künstlerhaus eröffnet werden. Welcher Glanz, welche Großzügigkeit angesichts der Vorgeschichte. Auf einem Schwarz-Weiß-Bild des GA-Fotografen Franz Fischer vom 26. September 1989 sieht man ein gutes Dutzend Bonner Bürger in Dokumente vertieft. Sie sitzen in einem maroden Raum – es ist das ehemalige Atelier August Mackes unterm Dach. Ein Dach, auch das verrät das Foto, das inzwischen undicht war. Die Wände erschienen in kaum besserem Zustand.

Das im Foto erkennbare Dutzend Bonner scheint kaum Notiz von der Misere zu nehmen, obgleich es dieser Zustand ist, der sie hierher geführt hat. Im Goldenen Zeitalter der Niederlande hätte ein Maler diese illustre Gesellschaft auf der Leinwand festgehalten, diesen Akt bürgerschaftlichen Gemeinsinns dokumentiert. Wir haben hingegen einige bescheidene Fotos in Schwarz-Weiß – und die Erzählungen von Zeitzeugen. „Es hatte durchs undichte Dach hereingeregnet, das Haus war in einem Zustand, von dem wir sagten, das kann so nicht weitergehen“, erinnert sich Hermann Neusser, den wir rechts auf dem Foto in ein Manuskript vertieft am Tisch sitzen sehen.

Neusser, Verleger des General-Anzeigers und seit 2002 Vorsitzender des an jenem 26. September gegründeten Vereins August Macke Haus, war von Bernd Thewalt, ehemaliger Sparkassendirektor und neben der damaligen Kunstvereinsdirektorin Jochimsen treibende Kraft der Macke-Haus-Rettung, in die Runde gebeten worden. „Die Bilder von August Macke waren mir damals nicht unbekannt, als Bonner bin ich damit aufgewachsen, wir wussten alle, wer er war, was er gemalt hat“, erzählt Neusser, „den richtigen Einstieg zu August Macke bekam ich 1987 in einer Ausstellung über die ‚Tunisreise‘ im Kunstmuseum Bonn.“

Initialzündung durch die Stiftung August Macke Haus der Sparkasse

Für eine Initiative war es fünf vor zwölf: „Wir alle waren uns einig: Das Haus muss gerettet werden.“ Bewundernd spricht Neusser über die „Riesenaufgabe“ der in der vergangenen Woche gestorbenen Margarethe Jochimsen. 1986 war die damalige Direktorin des Bonner Kunstvereins auf das benachbarte Wohnhaus August Mackes gestoßen, auf das eine verschmutzte Bronzetafel hinwies. Das Haus gehörte einem Berliner Bauunternehmer, der unter anderem plante, dort eine Gaststätte einzurichten. Am Ende zäher Verhandlungen erwarb die Stadt Bonn 1989 das Haus, „ohne auch nur einen Pfennig dafür bezahlt haben zu müssen“, wie Jochimsen in der Macke-Haus-Chronik vermerkt.

„Es war uns von vornherein klar, dass wir keine eigene große Sammlung aufbauen konnten, das wäre zu teuer geworden, dafür waren wir auch zu spät dran“, erinnert sich Neusser an die Anfangsphase und erwähnt die bereits existente gute städtische Macke-Sammlung des Kunstmuseums. Das junge Macke Haus war auf Mitstreiter angewiesen: „Wer uns sehr geholfen hat mit Exponaten und Leihgaben, war die Familie Macke, speziell Til Macke“, sagt Neusser, „doch die Initialzündung war die Gründung der Stiftung August Macke Haus der Sparkasse, hinter der die Stadt Bonn stand. Das war der Riesenschritt nach vorne.“ Die Arbeitsteilung funktioniert so, sagt Neusser: „Michael Kranz, der damalige Vorsitzende der Sparkasse, sagte einmal: Die Stiftung ist für die E-Musik zuständig, der Verein für die U-Musik, das heißt, der Verein betreibt das Museum, initiiert Veranstaltungen und Ausstellungen, das Haus gehört der Stiftung, die auch den Unterhalt trägt.“ 1994 war die Stiftung August Macke Haus der Sparkasse in Bonn für den Erhalt des Hauses ins Leben gerufen worden. Sie erwarb es für eine symbolische D-Mark, bestreitet den Erhalt des Museums aus einem Stiftungsvermögen von mittlerweile sechs Millionen Euro. Etliche Zustiftungen Privater, Leihgaben und Schenkungen begleiten die Erfolgsgeschichte des Hauses.

August Mackes Enkel Til Macke gehört zu den treuen Begleitern: „Ich bin froh über das Museum und unterstütze es nach Kräften“, sagte er dieser Zeitung. Auch wenn er am Eröffnungstag 1991 ziemlich sauer war, wie er sich erinnert – „ich bin nach wie vor sehr sauer“. Grund: OB Hans Daniels habe ein Schild mit der Aufschrift „August-Macke-Platz“ dabeigehabt – für den kleinen Vorplatz des Kunstvereins. Und Til Macke hatte sich so gewünscht, dass der Hochstadenring in August-Macke-Ring umgetauft werde. Zehn Jahr später war der Groll zwar nicht verflogen, Til Macke schenkte dem Haus aber zum Jubiläum August Mackes „Unser Garten in Bonn“, ein Blick aus dem Atelierfenster.

Guido Westerwelle sagte: "Ich helfe euch!"

Hermann Neusser erwähnt einen anderen Gönner: „Ich erinnere mich an einen heißen Sommertag des Jahres 2008, als Guido Westerwelle, der hier ja ganz in der Nähe aufgewachsen ist, ins Haus kam. Er war so erstaunt über das, was hier entstanden war, und sagte: ‚Ich helfe euch‘. Und das hat er getan, ohne sein Engagement wären wir heute nicht so weit, wie wir sind. Das ist sein großes Verdienst.“ Der im März dieses Jahres verstorbene ehemalige Bundesaußenminister hatte sich erfolgreich für die Renovierung des Macke Hauses und für den Erweiterungsbau eingesetzt.

Den begleitet nun die amtierende Chefin Klara Drenker-Nagels, die einen Großteil ihrer wissenschaftlichen Arbeit mit der Institution Macke Haus, deren Direktorin sie 2002 wurde, verknüpft. Unter ihrer Ägide wurde die Erfolgsgeschichte fortgeschrieben. Drenker-Nagels öffnete das Haus einem breiteren Publikum, erweiterte das museumspädagogische Angebot, setzte die bei Jochimsen schon begonnene inhaltliche Ausweitung auf den gesamten Expressionismus fort.

Und es soll weitergehen: „Wir werden Schritte in die zeitgenössische Kunst wagen“, sagt sie, „der Erweiterungsbau bietet andere Möglichkeiten.“ Wie das aussehen wird? Am 1. Oktober 2017 sind wir schlauer: Da werden mit der Ausstellung „Begegnung in Bildwelten. August Macke und Freunde“ der Erweiterungsbau und das Künstlerhaus eröffnet.

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