Instagram-Phänomen Deshalb sehen sich im Netz so viele Fotos ähnlich

Bonn · Auf der Plattform Instagram ähneln sich viele Beiträge bis in Details. Der Bonner Medienwissenschaftler Patrick Nehls vermutet ein altes Phänomen dahinter.

Mehr als elf Millionen Bilder mit dem Hashtag "Creativity" gibt es auf Instagram. Eine Vielzahl an Benutzern betont die eigene Unabhängigkeit und die Authentizität, trotzdem ähneln sich die meisten Bilder, große Unterschiede sind nicht zu erkennen.

Der Instagram-Account "Insta_Repeat" zeigt dieses Phänomen auf. In Collagen von jeweils zwölf Bildern werden Beiträge anderer Nutzer gegenübergestellt. Angefangen bei ähnlichen Motiven, bis hin zu gleichen Perspektiven und Filtern: die Beiträge ähneln sich stark.

Patrick Nehls erkennt darin ein altes Phänomen. Der Medienwissenschaftler sieht in den Bildern eine Reproduktion der eigenen Erwartung. Er verweist auf den englischen Soziologen John Urry. Der beschrieb mit dem Begriff "Tourist Gaze", auf Deutsch etwa "touristischer Blick", die Angewohnheit von Touristen, das, was sie bereits erwarten, zu suchen.

"Wer nach Paris fährt hat das Bild des Eiffelturms vor Augen und genau das will er dann selbst machen", erklärt Nehls. Auch die Erwartungshaltung der "Daheimgebliebenen", denen die Fotos gezeigt werden sollen, trage ihr Übriges bei.

Dieses Phänomen sei durch Instagram sichtbarer geworden. Nehls hat eine Wandlung ausgemacht: "Früher diente das Bild der Erinnerung, auf Instagram soll es eine Erfahrung kommunizieren." Dazu komme die Bilderflut durch die Erfindung des Smartphones.

Eine ähnliche Optik würde durch die vorgegebenen Filter provoziert, stellt Nehls fest. Instagram habe einen eigenen Stil, der durch Influencer gespeist würde. Experten sprechen dabei von der Grammatik einer Plattform. Bei Instagram sei diese Grammatik einer "Wohlfühl-Plattform" angepasst. Allein das sorgt bereits für eine gewisse Uniformität der Beiträge auf Instagram.

Wissenschaftlich interessant seien die Bilder durchaus, da sich an ihnen kulturelle Normen ablesen ließen, erklärt Nehls. Die Auffassungen dahinter seien spannend, man könne daran die Stimmung in Teilen der Gesellschaft ablesen. Die große Beliebtheit von Naturmotiven, die im Kontrast zur technisierten Welt stünden, sei bemerkenswert.

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