Uncanny Valley Warum humanoide Roboter gruselig werden können

Bonn · Werden Maschinen zu menschlich, kann das Unbehagen auslösen. Forscher untersuchen, wie Menschen auf Aussehen und Verhalten reagieren.

Der Roboter, dein bester Freund? Maschinen sollen sich in Zukunft nicht darauf beschränken, Menschen körperliche und geistige Arbeit abzunehmen. Als Haushaltshilfen, Pfleger, Babysitter und Kellner sollen die Blechkameraden auch für den gesellschaftlichen Umgang mit ihren menschlichen Erbauern konstruiert und geschult werden. Dafür sollen sie menschliche Züge annehmen, soziale Kompetenzen erwerben - und müssen von ihren Nutzern akzeptiert werden.

Ausgerechnet hier stoßen Forscher und Entwickler an eine Grenze, die sie "Uncanny Valley" nennen. Übersetzt heißt das: Unheimliches Tal oder Gruselgraben. Deren These: Werden Roboter dem Menschen ähnlicher, steigt zunächst die Akzeptanz. Doch ab einem gewissen Punkt wird es manchen Menschen unbehaglich. Statt Vertrautheit wecken humanoide Roboter dann sogar Assoziationen mit dem Tod, wie wissenschaftliche Untersuchungen ergaben.

Davor sind auch Wissenschaftler selbst nicht gefeit: Wenn eine Maschine aussehe wie ein Mensch, sich aber nicht exakt genauso bewege oder verhalte, könne das verstörend wirken, gab der US-Forscher Jonathan Gratch mit Blick auf seine Arbeit zu Protokoll. "Ein sympathischer Roboter, das heißt nicht, dass man den so realistisch wie möglich gestaltet", sagte die Computerwissenschaftlerin Elisabeth Andrè in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Ein zu menschlicher Roboter wirke einerseits wie ein Mensch, andererseits sei erkennbar, dass er nicht lebendig sei. Diese unklare Linie grusele dann die Leute.

Wie Menschen mit menschenähnlichen Maschinen interagieren, daran forscht auch die Wissenschaftlerin und Professorin Friederike Eyssel am Bielefelder Exzellenzcluster "Citec". Das Forschungsprojekt "Viva", mit 2,2 Millionen Euro vom Bund gefördert, untersucht, wie sich Mimik, Gestik und soziales Verhalten auf die Mensch-Roboter-Beziehung auswirken. Dafür kommen auch humanoide Roboter zum Einsatz. "Wir tendieren dazu, Maschinen zu vermenschlichen, wenn wir uns vertraute Merkmale erkennen", sagt Eyssel. Probanden nahmen sich in einer Untersuchung etwa selbst als unmoralischer wahr, wenn sie einen Roboter ignorierten. Diese würden somit als soziale Interaktionspartner wahrgenommen.

Ein schlechtes Gewissen gegenüber einer Maschine? Solche Reaktionen zeigen sich in Untersuchungen immer wieder. So empfanden Menschen beispielsweise Mitleid, wenn suggeriert wurde, dass eine Maschine gewaltsam abgeschaltet würde.

Sozialpsychologin Eyssel beobachtet, dass auch die Vorerfahrung ihrer Probanden eine Rolle spielt. Die Akzeptanz für menschlich aussehende Helfer sei in der Gesellschaft noch nicht stark ausgeprägt. "In Deutschland ist es selten der Fall, dass Menschen mit Robotern in Kontakt kommen", sagt sie. Dementsprechend unvertraut seien diese. Das deckt sich mit dem Ergebnis einer Umfrage des IT-Dienstleisters Capgemini. Demnach nutzen zwar 73 Prozent der Deutschen bereits Chatbots oder Stimmerkennung. Doch mehr als die Hälfte der Befragten empfindet eine KI mit physischen menschlichen Merkmalen als gruselig.

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