Wissenswertes zur Strafverfolgung Fahndungsaufrufe in sozialen Netzwerken können strafbar sein

Bonn · Privatpersonen stellen in einigen Fällen Bilder in soziale Netzwerke, um die Arbeit der Polizei zu unterstützen oder aber Verwandten und Angehörigen zu helfen. Doch private Fahndungsaufrufe können strafbar sein. Das müssen Nutzer beachten.

Bereits im Mai diesen Jahres äußerte sich der ehemalige NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) zu sogenannten Facebook-Fahndungen. Aus seiner Sicht seien sie Fluch und Segen zugleich: Zwar erzeugen die Aufrufe einen öffentlichen Fahndungsdruck und verbessern auch oft die Aufklärungschancen, allerdings müssen vor allem die privaten Fahndungsaufrufe aufhören.

Mit über 30 Prozent ist die Trefferquote bei Fahndungsaufrufen via Facebook sehr hoch. Allerdings vergessen dabei viele teilfreudige Helfer, dass sie als Privatperson keine offizielle Fahndung ausschreiben dürfen.

Was darf eine Privatperson?

Wie Mimikama, ein Portal zur Aufklärung von Internetmissbrauch, berichtet, sind Fahndungsaufrufe, die nicht von der Polizei aufgegeben werden, strafbar. Durch unzureichende Recherche oder simple Verwechslungen können Unschuldige in den Fokus von virtuellen Hetzjagden geraten. Privatpersonen dürfen also nicht selbstständig zu einer Fahndung aufrufen, wie das aktuell auf Facebook passiert: Nach dem G20-Gipfel in Hamburg hat es über Facebook einige Aufrufe gegeben, bei denen mit nicht verpixelten Fotos nach Randalieren gesucht wurde.

Viele Menschen posten Bilder und Fotos aufgrund eines Verdachts oder aber teilen die Beiträge anderer Privatpersonen, so dass Beschuldigte möglicherweise stigmatisiert und den Nutzern in den sozialen Netzwerken ausgesetzt sind. Wer über das Netz zu Lynchjustiz oder anderen Straftaten aufruft, muss laut Justizministerium mit lebenslanger Freiheitsstrafe rechnen, falls es infolgedessen zu einem Mord kommt - auch, wenn der Initiator selbst nicht der Täter ist.

Bei einem inoffiziellen Fahndungsaufruf wird zudem das Recht am eigenen Bild verletzt. Dieses Recht gehört zu den Persönlichkeitsrechten jedes Individuums, die auch durch eine (mögliche) Straffälligkeit nicht aufgehoben wird. Diese Persönlichkeitsrechte dürfen nur in bestimmten Umständen aufgehoben werden. Eine Privatperson darf jedoch eine offizielle Fahndung von der Polizei teilen und weiter verbreiten.

Wichtig zu beachten ist dabei auch, dass Kinder von diesen Rechten nicht ausgenommen sind: Die private Fahndung nach vermissten Kindern oder Bilder von kranken Kindern, die über soziale Netzwerke verbreitet werden, sind ebenfalls strafbar.

Konsequenzen bei Missachtung

Wer die Persönlichkeitsrechte einer anderen Person durch eine private Fahndung gefährdet, muss mit Konsequenzen rechnen. Diese können von einer Abmahnung bis hin zu Schadens- und Schmerzensgeldforderungen reichen. Auch ist zu beachten, dass bei jedem Fahndungsaufruf, der als Privatperson geteilt wird, auch tatsächlich ein offizieller Fahndungsaufruf beispielsweise der Polizei zu Grunde liegt. Auch wenn unrechtmäßig von Medien veröffentlichte Bilder geteilt werden, macht sich der Nutzer somit strafbar.

Wer sich gegen die Verbote hinwegsetzt, muss mit Strafen rechnen. Dabei kommt es darauf an, welche Straftat mit der unrechtmäßigen Fahndung begangen wurde: Beleidigungen müssen von dem Betroffenen selbst angezeigt werden und können Geldstrafen und Strafen bis zu einem Jahr mit sich bringen. Bei falscher Verdächtigung drohen jedoch bereits bis zu fünf Jahre Haft.

Was, wenn man selbst Opfer eines Fahndungsaufrufes wird?

Der Rapper Bushido hat erlebt, was auch einer Privatperson passieren kann: Sein Bild, beziehungsweise ein Phantombild, das ihm nachempfunden war, wurde im Internet zu einer Fahndung verwendet. Er hatte daraufhin im April diesen Jahres Strafanzeige wegen Verleumdung und Verfolgung Unschuldiger gestellt, da sein Foto von der Polizei in Stade zur Fahndung nach einem Räuber benutzt wurde.

Zwar wurden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft eingestellt, der Fall zeigt jedoch klar die verschwimmenden Grenzen zwischen Fahndungsdruck und Persönlichkeitsrechten. Sollte eine Privatperson selbst Opfer eines Fahnungsaufrufes werden, gilt es sich abzusichern: Zunächst sollte ein Screenshot des Aufrufes gemacht und abgespeichert werden. Dann sollte sich mit Hilfe eines Anwalts oder aber direkt an Facebook gewandt und verlangt werden, dass das Posting gelöscht wird. Da die Rechtslage für Laien oft unverständlich ist, ist es auf jeden Fall ratsam, zunächst einen Anwalt aufzusuchen. Am Besten sollte dieser auf Persönlichkeitsrecht spezialisiert sein.

(mit Material von dpa)

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