Spielemesse in Köln Auf der Gamescom stehen die Spieler im Mittelpunkt

Köln · Köln ist dieser Tage das Mekka der Spielergemeinde. Hier treffen sich Experten der Branche und Experten der Praxis an Konsolen und Bildschirmen. Das diesjährige Motto lautet: „Gemeinsam sind wir Games“.

Zwei Sith kreuzen ihre Lichtschwerter. Ein Team von E-Sportlern bejubelt frenetisch seinen Sieg. Ein Mann umklammert in einem Rennsimulator ehrgeizig das Lenkrad. Und zwischendurch: volle Messehallen, fröhliche Gesichter und Cosplayer, die mit detaillierten Kostümen ihren Lieblingsvideospielhelden nacheifern. Schon im Trailer zur Eröffnungszeremonie der Gamescom wird klar: Hier in den Kölner Messehallen steigt bis Samstag das größte Gamesevent, also die größte Computerspielmesse, der Welt.

Das ist die Gamescom nach eigenen Angaben. Es mag Messen geben, die gemessen an der Anzahl der Neuankündigungen bedeutender sind, wie die Electronic Entertainment Expo in Los Angeles. Aber nirgendwo stehen die Spieler so im Mittelpunkt wie auf der Gamescom. Das nahm der Verband der deutschen Games-Branche, Game, seit 2018 Träger der Messe, zum Anlass, die Zockergemeinde in den Fokus zu rücken: „Gemeinsam sind wir Games“ ist das Motto der elften Gamescom-Ausgabe.

„Nirgendwo sonst gibt es eine so leidenschaftliche und vielfältige Community wie bei uns“, sagt Game-Geschäftsführer Felix Falk. Denn Zocken ist längst kein Randphänomen mehr: Laut Verband ist fast jeder zweite Deutsche (34,3 Millionen) mindestens gelegentlicher Gamer; ein gutes Drittel spielt regelmäßig am PC, auf Konsolen oder am Handy. Im vorigen Jahr ist der Markt für Videospiele in Deutschland um neun Prozent auf 4,4 Milliarden Euro angewachsen – und setzt damit deutlich mehr um als etwa die Branchen für Film und Musik.

Die Bedeutung der Spielebranche ließ sich auch an der Gästeliste der Eröffnung am Dienstag ablesen: Neben der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) und NRW-Vizeministerpräsident Joachim Stamp (FDP) waren auch die Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär, und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (beide CSU) gekommen.

Nostalgischer Trip in die Retro-Area

„Für mich ist die Gaming-Industrie seit vielen Jahren ein ganz wichtiger Innovationsmotor für alle Bereiche von Bildung bis Gesundheit“, sagt Bär, die mit ihrem Bruder gern Fifa spielt. Scheuer findet, es sei wichtig, die Verbindung von der Spielbranche in andere Bereiche auszubauen, damit „Gesellschaft und Wirtschaft von den Innovationen aus der Spielwelt profitieren“.

Bei der Debatte um Wirtschaftsaspekte und Förderung gerät fast in den Hintergrund, dass Computerspiele vor allem Spaß bringen sollen. Dass dazu keine realistischen Grafiken und komplexen Spielmechanismen benötigt werden, beweist die Retro-Area. Dort warten Spiele wie Pong und Tetris darauf, Spieler auf einen nostalgischen Trip mitzunehmen.

Zu einer Runde Shotgun finden sich dort am Dienstag die drei Freunde Jonas, Ramon und Christian vor dem C64 zusammen. Was den Reiz des gemeinsamen Zockens ausmacht? „Na, man kann sich gegenseitig abschießen“, sagt Ramon, sehr zur Erheiterung seiner Kollegen. Christian, der fast nur noch Online-Mehrspieler zockt, ergänzt: „Ich denke, es sind zwei Sachen: Zum einen das Kompetitive (also der Wettkampfgedanke, d. Red), zum anderen ist es moderne Gesellschaft. Egal ob Brett- oder Videospiele, man ist zusammen und hat jede Menge Spaß.“

Gemeinsam spielen

Bedeutete gemeinsam spielen früher nebeneinander im Wohnzimmer vor einer Konsole zu sitzen, hat sich der Begriff nun stark gewandelt. „Viel passiert online, das heißt, ich bin vielleicht allein zu Hause, spiele aber mit 30, 40 oder 100 Mann gleichzeitig“, so Alex Marbach, Professor für Game-Design an der Hochschule Mittweida. „Die Kommunikation geht über das Headset, das heißt ich bin live dabei, ich spreche mit anderen Menschen. Gerade das ganz nah Aneinandersein bildet eine Gemeinschaft, wie man sie vielleicht früher aus der Skat-Runde kennt.“ Auch vielleicht im Hinblick auf das Cloud-Gaming, einem der Trendthemen in diesem Jahr. Laut Google laufen Videospiele dabei in Rechenzentren, Spieler streamen nur noch das Bild. Und gespielt wird auf allem, was einen Bildschirm und einen Internetzugang hat, gern auch gemeinsam.

Den kompetitiven Aspekt treiben die E-Sport-Teams auf die Spitze: Wie in „normalen“ Sportvereinen finden sich Spieler zusammen, trainieren und treten in Ligen an. Christoph Kerls betreut als Teammanager die „Schulmannschaften“ der Kölner School of Games. Das Klischee des einsamen Nerd-Gamers bemühe heutzutage nur noch die Boulevardpresse, meint er. „Die großen Titel, die die Spieler abholen und einsammeln, sind Counter Strike, League of Legends, wo Teams fünf gegen fünf gegeneinander spielen.“ Es sei ein Glück, dass junge Menschen heutzutage die Möglichkeit haben, ihre Leidenschaft auf ein solch professionelles Level zu heben. „Das gab es früher nicht, da beneide ich sie sehr drum“, sagt Kerls.

Abseits der Games findet sich die Gaming-Community auf Plattformen wie Youtube wieder. Sogenannte Let's Plays erfreuen sich dort großer Beliebtheit. In diesen Videos nehmen Spieler ihr Spielerlebnis auf oder streamen es live und schalten sich teilweise in einer zweiten Aufnahme ins Bild. Warum Menschen anderen beim Zocken zugucken, ist auch Dennis Brammen immer noch ein Rätsel. Er wirkt beim deutschen Gaming-Kanal PietSmiet mit stolzen 2,3 Millionen Abonnenten mit. Viel habe das wohl mit der Sympathie und Kompetenz der Let's Player zu tun, vermutet er. Warum sie zusätzlich ihre Gesichter aufnehmen? „Man hat angefangen, Youtube-Videos zu machen, weil man es cool fand, seine Erfahrung mit anderen zu teilen. Sein Gesicht dabei zu zeigen, war eigentlich nur die logische Weiterentwicklung.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort