Interview Christian Lindner schließt Wechsel 2013 nach Berlin aus

DÜSSELDORF · Der FDP-Landes- und Fraktionsvorsitzende in NRW über die Bundes-FDP, den Industriestandort NRW, Atomausstieg und erneuerbare Energien.

 Einen Wechsel nach Berlin hat Christian Lindner für 2013 ausgeschlossen.

Einen Wechsel nach Berlin hat Christian Lindner für 2013 ausgeschlossen.

Foto: dpa

Die FDP diskutiert über einen Rückzug von FDP-Chef Rösler. Was sagen Sie?'
Christian Lindner: Dass ich mich auf Sachprobleme konzentriere.

Sie schließen einen Wechsel 2013 nach Berlin aus?
Lindner: Ja. Ich werde im Bundestagswahlkampf meinen Beitrag leisten - aber von NRW aus.

Die Bundes-FDP steckt in der Krise. Mit welchen Themen will die FDP bei der Bundestagswahl 2013 punkten?
Lindner: Ich bin für eine FDP in der Tradition von Lambsdorff, Genscher und Baum. Das heißt heute konkret: Wir brauchen erstens ein Europa, das seine Probleme mit Reformen und Sparen löst - und nicht mit Inflation. Die SPD will dagegen die Vergemeinschaftung aller Schulden in Europa. Zweitens muss die Energiewende mit marktwirtschaftlichen Instrumenten realisiert werden. Und wir stehen drittens für ein leistungsorientiertes Bildungssystem mit fairen Aufstiegschancen.

FDP-Landeschef Kubicki hat eine rot-gelb-grüne Ampel im Bund ins Gespräch gebracht. Sehen Sie Handlungsbedarf?
Lindner: Nein. Ich verstehe die SPD gegenwärtig auch nicht. Es scheint, also wollte Gabriel seine Partei auf Kurs Hollande bringen. Wenn er immer nur links abbiegt, bewegt er sich aber im Kreis.

Aber Sie treten in NRW für eine Öffnung der FDP ein, oder?
Lindner: Es ist kein Geheimnis, dass ich genauso viele Gesprächspartner in der CDU wie in der SPD habe. Es kommt aber auf Sachfragen an: Im Herbst werden wir wieder fundamentale Unterschiede zu Rot-Grün feststellen, wenn Finanzminister Walter-Borjans trotz Rekordeinnahmen von Steuererhöhungen und Schulden sprechen wird. Ich finde: Die Politik muss lernen, mit dem Geld der Bürger auszukommen.

Also bleibt die CDU?
Lindner: Armin Laschet hat angekündigt, das Wirtschaftsprofil der Union zu schärfen. Ich würde mich darüber freuen. Konkret lese ich aber leider nur von Karl-Josef Laumann als Chef der CDU-Sozialausschüsse. Ich bin also für eine eigenständige FDP.

Kann es sich der Industriestandort NRW mit Blick auf die Energiewende leisten, dass das milliardenteure Kohlekraftwerk Datteln nicht ans Netz geht?
Lindner: Nein, eine Investitionsruine wäre ein verheerendes Signal für NRW. Es ist ein Schildbürgerstreich, dass ausgerechnet das umweltverträglichste Kraftwerk noch nicht ans Netz kann und dafür alte, klimaschädliche Kraftwerke weiter laufen.

Die Landesregierung verweist auf die Gerichte. Was soll sie tun?
Lindner: Auf Druck der Grünen zieht sich die SPD auf formale Rechtspositionen zurück. Die Landesregierung müsste eine aktive Rolle bei Industrieprojekten spielen. Datteln ist Beleg dafür, dass die Grünen sich in der Wirtschafts- und Energiepolitik gegen die SPD durchsetzen. Zum Schaden der Arbeitsplätze und ohne Gewinn für die Umwelt.

Der Atomausstieg war parteiübergreifender Konsens. Jetzt werden Windräder, Stromtrassen und Kraftwerke von Anwohnern bekämpft. Wie bewerten Sie das?
Lindner: Wir müssen über schnellere Verfahren nachdenken. Bei der Deutschen Einheit wurden Planungsbeschleunigungsgesetze verabschiedet. Tempo muss nicht zu Lasten des Umweltschutzes oder der Bürgerbeteiligung gehen. Ohne Tempo werden wir bis 2025 aber nicht die Stromtrassen haben, um Windstrom aus dem Norden in den Süden zu bringen.

Wie kann die Akzeptanz der Bürger erhöht werden?
Lindner: Bei der Mehrheit gibt es diese Akzeptanz. Stuttgart 21 hat gezeigt, dass die Bürger mehr wirtschaftlichen Sachverstand haben als die Gabriels und Roths dieser Welt zusammen. Strom kommt eben nicht aus der Steckdose.

Werden erneuerbare Energien zu stark subventioniert?
Lindner: Ja. Wir brauchen im Herbst ein Gesetz, in dem wir von der Energieplan- zur Energiemarktwirtschaft zurückkehren. Heute erhält jeder Erzeuger mit einer Solaranlage einen garantierten Abnahmepreis für viele Jahre. Künftig könnte zum Beispiel ein Stromhändler verpflichtet werden, im Jahr 2020 etwa 35 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien anzubieten. Ob aus Wind, Wasser oder Sonne, bleibt ihm überlassen. Dann entscheidet der Markt über die effizienteste Energiequelle.

Was muss das Land tun?
Lindner: Wirtschaftsminister Duin beklagt zu Recht, dass die NRW-Stromkunden Solaranlagen in Bayern mit Milliardensummen fördern. Im Bundesrat hat NRW aber verhindert, dass wir einen großen Schritt weg von den völlig überzogenen Subventionen machen. Es gehen über 50 Prozent der Subventionen in einen Bereich, der nur 20 Prozent der alternativen Energie produziert. Duin darf nicht nur reden, er muss im Herbst auch handeln.

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