G20-Gipfel Merkel lässt deutschen Militäreinsatz gegen den IS offen

BELEK · Das Brett ist dick. Aber sie müssen es bohren. Erst Barack Obama, dann Angela Merkel. Der Krieg in Syrien, der fünf Millionen Flüchtlinge ins Ausland getrieben hat, schreit nach einer Lösung.

Und Russlands Präsident Wladimir Putin, treuer, aber letztlich auch nur von eigenen strategischen Interessen geleiteter Partner von Machthaber Baschar al-Assad, könnte helfen, auf dem internationalen Schachbrett vorentscheidende Spielzüge für ein Ende des syrischen Bürgerkrieges einzuleiten.

Obama und Putin werden keine Freunde mehr. Unvergessen ist ihr letztes bemerkenswertes Treffen auf großer G8-Bühne beim Gipfel 2013 am Lough Erne in Nordirland. Auch da stritten die mächtigen Staatenlenker bereits über einen Weg für ein Ende des Mordens in Syrien. Obama und Putin saßen sich bei einem dieser Treffen, das Fernsehbilder produzieren soll, minutenlang schweigend gegenüber, weil die Gipfelregie den Handschlag der beiden noch nicht freigab. Eiszeit.

Sie konnten sich damals lediglich darauf verständigen, dass die Gewalt in Syrien enden müsse und die Chemiewaffen des Regimes gesichert werden sollen. Jetzt bringt der G20-Gipfel in der Türkei Obama und Putin wieder zusammen. Zwei Jahre später sind sie einen Schritt weiter: Sie sprechen sich für Friedensverhandlungen für Syrien unter Vermittlung der Vereinten Nationen aus. Damit säßen auch die USA und Russland als Mitglieder des UN-Sicherheitsrates mit im Boot.

"Weg zum Waffenstillstand"

Merkel pflegt einen anderen Kontakt zu Putin. Die Bundeskanzlerin hat seit dem Ausbruch des offiziell nicht erklärten Krieges Russlands in der Ostukraine mehr als 40 Mal mit Putin telefoniert oder ihn bei diversen Gipfeln und Krisentreffen persönlich gesprochen. Jetzt in Belek wieder. Nach dem informellen Abendessen der G20 zur Flüchtlingskrise und dem Kampf gegen Terror trifft Merkel den russischen Präsident zu einem Vier-Augen-Gespräch. 40 Minuten dauert die Unterredung der beiden. Irgendwie und irgendwann muss der gordische Knoten im Syrien-Konflikt wie auch in der Ukraine durchschlagen werden.

Ob der UN-Sicherheitsrat für Frieden in Syrien ein Mandat beschließen solle und ob damit ein eventueller Beitrag der Bundeswehr verbunden wäre, lässt Merkel am Tag nach dem nächtlichen Treffen mit Putin offen. Sie sei erst einmal dafür, den Weg der Konferenz von Wien weiterzugehen, wo am Wochenende im Kreise der Außenminister mehrerer Staaten, darunter die USA und Deutschland, eine Art Fahrplan für die Lösung des Syrien-Konfliktes verabredet worden war.

Es gehe ja in erster Linie um einen politischen Prozess, damit "auf dem Weg auch ein Waffenstillstand entstehen kann". Die Auseinandersetzung mit den Terror- und Todesschwadronen des Islamischen Staats muss aus Merkels Sicht, die Frankreich jedwede Unterstützung im Anti-Terror-Kampf zugesagt hat, "möglichst kohärent und gemeinsam zwischen den verschiedenen Kräften geführt werden".

Merkel schränkt Militär-Einsatz bewusst ein

Merkel schränkt die Möglichkeit eines deutschen militärischen Beitrages in Syrien derzeit bewusst ein: "Da sind wir noch nicht. Und deshalb ist auch nicht absehbar, welche Aufgaben auf uns zukommen." Nach einem deutschen Abwehrkampf im Falle möglicher Anfragen an Berlin klingt das zwar nicht. Sie will aber auch die Tür nicht sperrangelweit öffnen und verweist auf laufende Beiträge. Die Bundeswehr sei im Kampf gegen den IS mit der Ausbildung kurdischer Peschmerga und Jesiden in Irak befasst. "Und da haben wir auch eine ganze Menge zu tun."

Neben ihrem Abschlusskommuniqué zum Wachstum der Weltwirtschaft, zur Stärkung armer Staaten, zur Rettung des Weltklimas und für ein Steuersystem, das die Steuervermeidung internationaler Konzerne stoppen soll, stehen die G20 demonstrativ beim Kampf gegen den Terror zusammen. In einer eigenen Erklärung betonen die wichtigsten Industrie- und Schwellenstaaten: "Wir bleiben geeint im Kampf gegen den Terrorismus."

Die G20, die sich weltweites Wirtschaftswachstum auf die Fahnen geschrieben haben, betonen, dass die Verbreitung von Terror und die zunehmende Zahl von Attentaten nicht nur Frieden bedrohten, sondern auch ihre "Bemühungen", die Weltwirtschaft zu stärken sowie nachhaltige Entwicklung und Wachstum zu fördern. Auch sollen die Finanzquellen, aus denen sich terroristische Organisationen speisen, aufgedeckt und trocken gelegt werden. Dazu will die Gruppe der 20 eine eigene Finanz-"Task Force" aufstellen, die den Geldfluss von Terrorunterstützern aufdecken und Vermögen einfrieren soll.

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