Zukunft der Braunkohle - Ein bisschen mehr Mut

Zuweilen verhält sich Bundesbau- und -umweltministerin Barbara Hendricks wie der berühmt-berüchtigte Elefant im Porzellanladen. Bei ihrer im Oktober erhobenen Forderung nach einem Komplettumzug aller Bundesministerien von Bonn nach Berlin war das so, und auch der jüngste Vorstoß der niederrheinischen Sozialdemokratin zum Kohleausstieg passt in die Kategorie der eher aktionistisch anmutenden Vorschläge.

Im Stil besser wären politisch kluge Schachzüge. Würde nicht am Montag in Paris die Klimakonferenz starten, hätte Hendricks sicher nicht in dieser Woche angekündigt, bis zur Bundestagswahl 2017 einen Kohle-Ausstiegsplan für die nächsten 20 bis 25 Jahre entwickeln zu wollen.

Nun müssen Bundesminister natürlich nicht jeden ihrer Vorstöße mit den Parteifreunden in der Heimat besprechen, und dennoch: Wer politisch etwas erreichen will, sollte tunlichst darauf achten, jene auf dem Weg mitzunehmen, die ein Wörtchen mitzureden haben. Bei der Braunkohle ist das nun mal die Landesregierung in Düsseldorf. Und so ist der Ärger von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Landeswirtschaftsminister Garrelt Duin verständlich. Dass Hendricks am Freitag etwas zurückruderte und meinte, vielleicht brauche man auch länger als 20 bis 25 Jahre, dürfte mit der heftigen Reaktion aus dem Kohleland Nummer eins zusammenhängen.

In der Sache ist allerdings das, was die Bundesumweltministerin in die Debatte eingebracht hat, durchaus etwas, worüber sich zu reden lohnt. Denn es ist höchste Zeit, die Braunkohle-Verstromung auslaufen zu lassen. Deutschland liegt bei der Produktion des besonders klimaschädlichen Energieträgers immer noch an der Spitze. Der Anteil der Braunkohle an der deutschen Kraftwerks-Stromproduktion liegt weiterhin bei mehr als einem Viertel. Gerade deswegen würden der Bundesregierung in Paris sicherlich einige unangenehme Fragen gestellt. Oft ist es ja die Bundesrepublik selbst, die sich in Klimafragen gern ambitioniert präsentiert. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Hendricks mit ihrem Vorschlag kurz vor der Konferenz für Deutschland gut Wetter machen wollte.

Die Interessenvertreter der Braunkohle verweisen stets darauf, dass Zehntausende Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, wenn der Kohleausstieg überstürzt vonstatten geht. Das Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Doch jetzt Verhandlungen über den Ausstieg zu beginnen und vielleicht schon in zwei Jahren zu Ergebnissen zu kommen, hätte den Vorteil, dann Planungssicherheit für die Unternehmen und die Beschäftigten zu haben.

Die Energiewende läuft auf vollen Touren. Hunderttausende von Arbeitsplätzen sind in den vergangenen Jahrzehnten bei den Erneuerbaren entstanden. Hier liegen die Wachstumspotenziale - auch für jene, die derzeit noch mehr auf die Kohle setzen. Es braucht vielleicht ein bisschen mehr Mut, neue Wege zu gehen.

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