Kommentar zu No-Go-Areas in NRW Zu viel Drama

Bonn · Früher hießen Problemviertel soziale Brennpunkte, heute - viel dramatischer - No-Go-Areas. Hinter dem Begriffswechsel verbirgt sich mehr als harmlose Semantik. Er ist Ausdruck wachsender Ängste, aber auch ein Versuch, die öffentliche Meinung zu manipulieren.

Gibt es No-Go-Areas in NRW, wie Polizeigewerkschaften nach Übergriffen auf Beamte behaupten? Was ist überhaupt eine No-Go-Area? Der Begriff stammt aus den USA und bezeichnet Viertel, in denen die Mordrate besonders hoch ist und in denen man sich deshalb besser nicht verlaufen sollte. Er bezeichnet nicht Viertel, in denen der Putz von Sozialbauten bröckelt, sich Shisha-Bars an Handy-Shops reihen und man sich nicht verlaufen will.

Im konkreten Fall geht es um Duisburg-Marxloh, wo Polizisten von libanesischen Großfamilien in die Zange genommen werden. Trotzdem fährt die Polizei dort Streife, wohnen dort Rentner, öffnen morgens die Bäckereien. Marxloh ist keine No-Go-Area - genauso wenig wie Berlin-Kreuzberg oder Bonn-Dransdorf, ein Stadtteil, vor dem eine Sprachschule ihre Schüler übrigens 2013 ganz entschieden warnte.

In Problemvierteln braucht es die Präsenz und Intervention der Polizei, keine Frage. Wenn die Gewerkschaften fürchten, dass sie aus Kostengründen Wachen und Personal verliert, ist es legitim, ganz nachdrücklich auf solche Brennpunkte hinzuweisen. Doch dieser Zweck heiligt nicht das Mittel der Dramatisierung. Wer von No-Go-Areas spricht, frisiert nicht nur die Fakten - er liefert auch das Wasser auf den Mühlen von Rechtsradikalen.

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