Debatte über „Umweltsau“-Song Zu viel der Erregung

Bonn · Mit einer satirischen Umdichtung des Kinderlieds „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ hat der WDR am Wochenende für Wirbel gesorgt. Die Aufregung ist übertrieben, kommentiert Bernward Klein.

 Kinderchor: Nach Beschwerden und heftiger Kritik löschte der WDR die auf Facebook gestellte Aufnahme.

Kinderchor: Nach Beschwerden und heftiger Kritik löschte der WDR die auf Facebook gestellte Aufnahme.

Foto: dpa/Martin Schutt

Wer dieser Tage nur unter Menschen in sozialen Netzwerken unterwegs war, die sich Familien- und Freundeskreis nennen, lief Gefahr, über die Besinnlichkeit der Weihnachtstage dem jüngsten Skandal glatt zu entgehen: Der WDR-Kinderchor hat im Auftrag des Radiosenders WDR 2 das in Ehren angegraute Kinderlied „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ satirisch aufgemotzt und die Oma unter anderem zur SUV fahrenden „Umweltsau“ gemacht, die nebenbei Rollatoren ins Visier nimmt und auch Kreuzfahrten nicht schmäht. Einmal ins Netz gestellt, gibt das einiges an Erregungspotenzial her. Und mit erschreckend erwartbarer Folgerichtigkeit tobte ein Shit­storm los.

Nun darf Satire ja eine ganze Menge. Sie darf sogar in die Hose gehen. Und selbstverständlich darf man über den künstlerischen Reifegrad der Liedverse streiten. Erlaubt ist aber auch die Frage: Geht’s nicht ein paar Nummern kleiner? Da fühlt sich doch tatsächlich Ministerpräsident Armin Laschet aufgerufen, mäßigend einzugreifen und davor zu warnen, die Grenzen des Respekts zu überschreiten und Jung gegen Alt auszuspielen. Um das Allerschlimmste für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu vermeiden, den die Empörung der Sich-ständig-unverstanden-und-gemaßregelt-Gefühlten davonzuspülen droht? Und ein Tom Buhrow, der ja WDR-Intendant für alle sein will, entschuldigt sich sogleich in allertiefster Reue.

Nun wird mit einiger Sicherheit keines der an der inzwischen gelöschten Sangesdarbietung beteiligten Kinder seine Oma oder seinen Opa weniger lieben als vor Erlernen der Liedzeilen. Die werden auch kaum zu Zielfahrten auf Gehbehinderte motivieren. Und wenn im einen oder anderen Haushalt eine Debatte um die Sinnhaftigkeit von SUV und Kreuzfahrten in die nächste Runde geht – bitte schön. Das ist ebenso wenig verboten wie SUV oder Kreuzfahrten selbst. Und natürlich ist auch nicht verboten, sich aufzuregen. Man muss das nur wollen.

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