Kommentar Weichzeichner
Wer hätte das gedacht? Sie ähneln einander bis in die Zustimmungsraten. George W. Bush, 2008 persona non grata in und über Washington hinaus, und sein Nachfolger Barack Obama finden heute bei knapp 50 Prozent der Amerikaner Zustimmung. Ein Wert, der stutzig macht. Bush hat den USA und der Welt zwei in hohem Maße diskutierbare Kriege beschert.
Die Einsätze in Afghanistan und im Irak haben die Supermacht finanziell wie moralisch verarmen lassen. Bei der Bewältigung des Hurrikans Katrina präsentierte sich der Rancher aus Texas als Versager. Sein Festhalten an neokonservativen Denkschablonen in der Wirtschaft hat die Schere zwischen Arm und Reich massiv auseinandergehen lassen. Öffentliche Infrastruktur verlotterte noch mehr.
Dass die Amerikaner den 43. Mann im Weißen Haus heute dennoch in deutlich milderem Licht betrachten, liegt nicht an dem begehbaren Rechenschaftsbericht, der gestern in Texas der Öffentlichkeit übergeben wurde. Präsidiale Bibliotheken sind Denkmäler im Weichzeichner, keine Stätten der kritischen Aufarbeitung, geschweige denn Scherbengerichte. Bush kommt vergleichsweise gut weg, weil sein Nachfolger in zentralen Fragen so anders gar nicht ist. Weder hat sich der Amtsinhaber von Guantánamo getrennt. Noch hat er der Militarisierung der Justiz allgemein Einhalt geboten. Obamas Anti-Terror-Politik ist Bush minus Waterboarding plus gezieltes Töten im rechtsstaatlich bedenklichen Raum mittels Drohnen. Wenn Obamas Bibliothek in einigen Jahren eröffnet, wird man darauf noch zu sprechen kommen.