Kommentar Wechsel beim Verfassungsschutz - Ein Amt in der Krise

Größer kann eine Krise eigentlich nicht sein: Da versagen die Sicherheitsbehörden, unter ihnen an vorderster Front das Bundesamt für Verfassungsschutz, bei der Beobachtung der rechtsextremistischen Terrorszene fast vollständig, da werden überdies entscheidende Akten in der Kölner Zentrale geschreddert.

Was tut ein Minister in einem solchen Fall? Er feuert die alte Führung und installiert eine neue, womit jede neue Krise zu seiner werden wird. Und er weiß, dass es mit dem Führungswechsel nicht sein Bewenden haben kann.

Also stellt er sich mit der neuen Führung der Öffentlichkeit und tut Buße, verspricht mehr Transparenz und den Versuch, Vertrauen nach innen und außen wiederherzustellen, und eine Optimierung der Abläufe. Ein Dreiklang, der es in sich haben könnte, es aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in sich hat. Denn Hans-Peter Friedrich, der Bundesinnenminister, ist kein Mensch, der alles auf den Kopf stellen will, auch wenn er dabei ist, alle Spitzenköpfe bei den Sicherheitsbehörden auszutauschen.

Hans-Peter Friedrich möchte vor allem eines nicht: eine Grundsatzdebatte über Sinn oder Unsinn der Struktur deutscher Sicherheitsbehörden. Deshalb lehnt er die Fusion von Bundeskriminalamt und Bundespolizei, die ein so ein kluger Kopf wie der frühere Innenstaatssekretär Werthebach vorgeschlagen hat, ebenso ab wie Überlegungen, die Landesämter für Verfassungsschutz abzuschaffen.

Sein einfaches Argument: Der Geheimdienst müsse ohnehin in der Fläche präsent sein. Ein zu einfaches Argument. Denn es spricht vieles dafür, dass die Verzettelung und damit Abkapselung der deutschen Teil-Geheim-Dienste ein wesentlicher Teil des Problems ist, mit Sicherheit jedenfalls nicht ein Teil der Lösung. Man kann auch sagen: Die deutschen Geheimdienste übertreiben es mit der Geheimhaltung. Sie geben ihr Wissen noch nicht mal ihren Kollegen weiter.

Genauso halbherzig wirkt, was Friedrich zur neuen Transparenz des Verfassungsschutzes sagt: Mehr davon gegenüber Parlament und Öffentlichkeit, aber bitte nicht zu viel. Das riecht nach weißer Salbe.

Und wenn gar nichts mehr hilft in solchen Krisenzeiten, dann muss man halt Verwaltungsabläufe modernisieren und optimieren und dazu eine Kommission bilden im Ministerium und eine "spiegelbildliche" im Amt und ihr einen Vizepräsidenten vorsetzen. Wie oft mögen die Mitarbeiter in Köln diese Sätze von Modernisierung und Optimierung schon gehört haben?

Es ist richtig: Der neue Verfassungsschutzpräsident hat viel zu tun. Ziemlich sicher mehr, als es sich der Bundesinnenminister vorzustellen vermag. Denn nach dieser Krise, die ans Eingemachte gegangen ist, kann es nur Wege aus ihr heraus geben, die auch ans Eingemachte gehen. Alles andere ist Selbsttäuschung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Demokraten zeigen Zähne
Kommentar zur Situation der AfD Die Demokraten zeigen Zähne
Zum Thema
Ende der Naivität
Kommentar zu russischer Spionage in Deutschland Ende der Naivität
Aus dem Ressort