Kommentar Ungarn und die EU - Bittere Wahrheiten

Ungarn gilt in der EU als Risikofaktor. Das wird sich nach dieser Wahl vom Sonntag nicht bessern. Der alte und neue Premierminister Viktor Orban kann sich mit seinen rechtskonservativen Fidesz-Freunden zwar nicht mehr auf einer Zwei-Drittel-Mehrheit ausruhen.

44 Prozent der Wählerstimmen machten ihn allerdings erneut zum stärksten Mann in Budapest, der seine Alleinherrschaft nun fortsetzen kann. Dabei hatte Brüssel immer wieder versucht, ihn zu stoppen. Da waren die umstrittenen Mediengesetze, die Fernsehen, Rundfunk und Presse unter staatliche Aufsicht stellen. Oder die Pensionierung einer ganzen, missliebigen Richter-Generation. Und schließlich der Eingriff in die Unabhängigkeit der Nationalbank.

Dieser vor Selbstbewusstsein strotzende Ministerpräsident ist nicht das einmal das größte Problem, sondern der Nationalismus, der ihn trägt. Längst befürchtet man in Brüssel ein Verdunsten europäischer Werte wie Solidarität und Zusammenhalt. Gleiches verzeichnen Beobachter in der Slowakei, in Tschechien oder Rumänien. Zieht man den Kreis noch weiter, werde - so heißt es - die Dimension des "Flächenbrandes" erst so richtig deutlich.

Allerdings wird Orban seinen Kurs ändern müssen. Ungarns extreme Abhängigkeit von russischen Energielieferungen von bis zu 60 Prozent zwingt die neue Regierung zu Öffnungen genau zu den Partnern, gegen die man sich ansonsten nur zu gerne abgrenzt. Ohne Europa wird das Land der Magyaren auf Dauer nicht überleben können. Man braucht die Union dringender als je zuvor. Der Alleinherrscher steht sonst machtlos da.

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