Kommentar zur Corona-Politik in den USA Trumps Slalomlauf

Meinung | Washington · Donald Trump will nicht an seine eigenen Fehler erinnert werden. Doch in der Corona-Krise hat er den Ernst der Lage zu lange nicht erkannt. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat die Gefahr heruntergespielt, kommentiert unser Autor.

 US-Präsident Donald Trump hat einiges richtig, aber ebenso viel falsch gemacht.

US-Präsident Donald Trump hat einiges richtig, aber ebenso viel falsch gemacht.

Foto: AP/Evan Vucci

Es stimmt, Donald Trump hat früher gehandelt als andere, als er Ende Januar ein Einreiseverbot aus China verhängte. Richtig ist auch, dass er auf angesehene Epidemiologen hörte, als er sich zu der Sperre entschloss, auch wenn es gerade ihm mit seinen nationalistischen Instinkten nicht allzu schwer gefallen sein dürfte. Schließlich kann man ihm kaum widersprechen, wenn er sagt, mit dem „Travel Ban“ habe er wertvolle Zeit gewonnen. Nur geht das alles am Kern vorbei.

Die Zeit, die er durch die Restriktionen gewann, hat der amerikanische Präsident genutzt, um – nichts zu tun. Länger als einen Monat, den gesamten Februar über bis hinein in den März, hat er die Corona-Krise in einer Weise heruntergespielt, dass es an Fahrlässigkeit grenzte. Während die Virologen seiner Taskforce intern bereits Kontaktbeschränkungen anmahnten, sprach er von einem Virus, das im April wie durch ein Wunder verschwinde.

Nur will ein Donald Trump nicht an eigene Fehler erinnert werden. In seinem Film hat er den Ernst der Lage von allen am schärfsten erkannt, zu Zeiten, in denen die Europäer noch naiv vor sich hinträumten, statt die Schranken hochzuziehen. In seinem Film sind Journalisten, die nach den Unterlassungssünden der darauffolgenden Wochen fragen, erbärmliche Vertreter der Fake-News-Medien. In seinem Film hat das Weiße Haus Weitblick bewiesen, während die Gouverneure mancher Bundesstaaten leichtsinnig unvorbereitet in die Krise schlitterten.

Vielleicht ist es Letzteres, was am meisten irritiert. Als die Zahl der an Covid-19 verstorbenen New Yorker täglich aufs Neue schockierte und Gouverneure in den Epizentren der Epidemie händeringend um Beatmungsgeräte und Schutzmasken baten, gab er den Part des großmütigen Helfers, der gnädig einspringt, obwohl es gar nicht seine Aufgabe wäre. Herrschte Mangel, war die Schuld vor Ort zu suchen. Lief etwas gut, gebührte das Lob natürlich ihm, dem edlen Ritter.

Hinzu kommt der ständige Slalomlauf. Noch vor Wochen, konfrontiert mit konservativen Politikern im ländlichen Amerika, die auf Einschränkungen weitgehend verzichten wollten, erklärte Trump, es stehe nicht in der Macht des Bundes, die Leute zum Herunterfahren ihrer Wirtschaft zu zwingen. Heute, da sieben Staaten an der Ost- und drei an der Westküste Allianzen bilden, um die wirtschaftliche Öffnung zu planen, beansprucht er die Entscheidungsgewalt allein für sich.

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