Kommentar Thailand - Totengräber

Thailands Totengräber der Monarchie lieben den faulen Kompromiss. Denn mit der Entmachtung von Premierministerin Yingluck Shinawatra erweisen die politisch der ehemaligen Militärdiktatur nahestehenden Verfassungsrichter der Elite Bangkoks einen Liebesdienst. Sie verkünden ein fragwürdiges Urteil mit einer an den Haaren herbeigezogenen Begründung.

Aber die Richter fürchten den Zorn der Thailänder und lassen deshalb zunächst einmal ein Skelett der Yingluck-Regierung im Amt. Die Richter minderten so die Gefahr einer offenen Konfrontation aus Thailands Straßen zwischen Monarchisten und den Anhängern der gewählten Regierung.

Der Spagat verschlimmert die Krise des südostasiatischen Landes. Die Wirtschaft des Landes befindet sich im Sinkflug. Seit sechs Monaten treibt Thailand durch das Treibgut der politischen Krise. Die Regierung beziehungsweise der Rumpf der einstigen Regierung hält an der Absicht fest, im Juli noch einmal mit Wahlen einen Ausweg aus dem Patt zu finden.

Ihre Gegner sind in ein kompromissbereites Lager um Abhisit Vejjajiva, den Chef der oppositionellen Demokratischen Partei, und die Gruppe um Protestführer Suthep Taugsuban zerfallen, der statt Wahlen nur eine vom König ernannte Regierung akzeptieren will.

Er behauptet, er wolle die Monarchie verteidigen. Dabei schaufelt er gemeinsam mit den Verfassungsrichtern am Grab einer Monarchie, die noch im Jahr 2006 auf dem Gipfelpunkt ihres Ruhms und ihrer Macht zu stehen schien. Für den Fortbestand der Chakri-Dynastie von König Bhumibol ist gegenwärtig nichts gefährlicher, als auf ihre Parteigänger zu hören.

Sie beharren zum Schutz der Monarchie auf einer "Demokratie thailändischer Art", die nichts anderes beinhaltet, als den Landsleuten das Stimmrecht zu nehmen, die sich nicht dem politischen Diktat der königsnahen Elite Bangkoks fügen wollen. Dabei scheuen die Regierungsgegner keine Mittel. Thailänder werden unter fadenscheinigen Vorwänden wegen Majestätsbeleidigung angezeigt.

Dabei hält Thailands Königshaus sich im Vergleich zu früheren Jahren auffällig zurück. König Bhumibol gab trotz mehrfacher Anfragen kein grünes Licht für einen Staatsstreich der Streitkräfte. Doch die Regierungsgegner sind blind für die Haltung des Palasts.

Die Elite, die das Geld für die Proteste beisteuert, ist fest entschlossen, ihre Privilegien und ihre feudalistischen Herrschaftsansprüche zu verteidigen - und behauptet, es gelte die Monarchie zu verteidigen.

In Wirklichkeit zieht sie mit ihrer kompromisslosen Widerborstigkeit gegen demokratische Mindeststandards ein Königshaus in eine politische Schlammschlacht, das angesichts seines siechen, alten Königs und der schwerkranken Königin ohnehin schwere Zeiten erlebt.

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