Kommentar Steuerehrlichkeit - Kultureller Wandel

Um mit dem Positiven anzufangen: Die Politik redet über das Thema Steuerehrlichkeit und geht es inzwischen mit gewisser Konsequenz an.

Darin drückt sich auch ein kultureller Wandel aus: Steuern sind kein staatlicher Diebstahl. Da bedient sich keine Krakenhand, geführt von einem nimmersatten Monstrum, wie uns nicht selten die in die politische Bedeutungslosigkeit entschwundenen Apologeten eines rabiat-liberalistischen Staatskonzepts glauben machen wollten. Steuern sind das Fundament staatlicher Daseinsvorsorge. Deshalb geht es bei der Bekämpfung jeder Spielart der Steuerflucht im Kern um die Verteidigung der Zukunftsfähigkeit eines Gemeinwesens.

Diese Einsicht ist im Zuge von Banken- und Eurokrisen gewachsen, aber die politische Umsetzung kommt nicht auf allen Gebieten gleich schnell voran - wie der gestrige Tag mal wieder deutlich gemacht hat. Der privaten Steuerhinterziehung (Richtung Ausland) wird systematisch der Boden entzogen. Der automatische Steuerdatenaustausch, den über 50 Staaten Ende Oktober vereinbart haben, ist da ein wichtiger Schritt.

Er macht in der Konsequenz auch ein Ende der Abgeltungssteuer möglich, die ja keineswegs eine elegante Steuervereinfachung ist, als die sie bei Einführung dargestellt wurde. In Wahrheit war sie immer nur eine Kapitulationserklärung. Denn nur die Gefahr der Steuerflucht war der Grund dafür, Einkünfte aus Vermögen nicht nach dem persönlichen Steuersatz zu behandeln.

Einen gewissen Fortschritt, so schien es, konnte man auch darin erkennen, dass wenigstens in der EU die Einsicht wächst, dass es ruinös ist, wenn Staaten den Wettbewerb um den attraktivsten Wirtschaftsstandort über die Sätze der Unternehmensbesteuerung führen. Das Ergebnis dieser Steuerkonkurrenz ist immer eine Rutschbahn nach unten, die die öffentlichen Haushalte ausbluten lässt - für einen Kurzzeit-Effekt. Denn wie oft mussten triumphierende Wirtschaftsförderer erkennen, dass die geholten Konzerne nur allzu schnell bereit waren, mit ihren Werken weiter zu ziehen, wenn irgendwo auf ärmeren Kontinenten noch günstigere Bedingungen zu finden waren.

Tatsächlich ist hier eine gewisse politische Vernunft eingekehrt, auch wenn die Enthüllung frappierend ist, dass Luxemburg systematisch hoch komplizierte - wenn auch legale - Steuersparmodelle international operierender Konzerne durchwinkte, um als Standort attraktiv zu bleiben.

Dass die Praktiken in die Regierungszeit von Jean-Claude Juncker fallen, ist mehr als peinlich und schadet vehement der Glaubwürdigkeit der "EU-Regierung". Gefordert sind die Regierungen, die Schlupflöcher umgehend zu schließen. Man kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass der deutsche Finanzminister sich hier an die Arbeit macht.

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