Kommentar Rentenreform in Frankreich - Heißes Eisen

Die Reform des Rentensystems gehört zu den heißesten Eisen, die eine französische Regierung anfassen kann. Präsident Hollande weiß, dass er sich verbrennen kann. Doch er hat keine Wahl: Das Milliardenloch in der französischen Rentenkasse droht mit jedem Jahr zu wachsen, in dem nicht gehandelt wird. Auch geht es um Frankreichs Glaubwürdigkeit: Die europäischen Partner erwarten endlich strukturelle Reformen.

Nicolas Sarkozy rühmte sich, seine Rentenreform 2010 gegen den massiven Widerstand der Straße durchgesetzt zu haben. Doch sie war halbherzig, setzte sie doch in erster Linie nur das Renteneintrittsalter von 60 auf 62 Jahre hinauf. Das reicht nicht, da auch die Franzosen immer länger leben.

Hollande hat mehr Nachhaltigkeit versprochen, schuldet aber den Beweis dafür, dass er den Mut dazu hat. Stattdessen zeichnet sich ab, dass er aus Furcht vor der Macht der Straße Augenwischerei betreibt: Er setzt auf längere Beitragszahlungen für eine Vollrente. Für die Betroffenen bedeutet das entweder finanzielle Einschnitte oder eben doch einen späteren Rentenbeginn.

Außerdem sollen höhere Abgaben das Loch in der Rentenkasse füllen - das wäre wieder einmal der schnelle, einfache Weg. Doch die erträgliche Steuerlast gerät an ihre Grenze.

Seit ihrem Widerstand gegen Sarkozys Rentenreform 2010 haben die Franzosen drei Jahre der Krise erlebt. Ihre Bereitschaft für Reformen wächst, um die sozialen Systeme zu retten - aber es sinkt das Verständnis dafür, Probleme stets nur akut mit Steuererhöhungen zu behandeln. Sie sind das wahre heiße Eisen, an dem sich Hollande verbrennen könnte.

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