Kommentar Regierungskoalition - Gar nicht so schlecht

BERLIN · Diese Koalition, das dritte Kabinett Merkel, genießt auch im zweiten Jahr ihres Wirkens den Rückhalt der Bürger. Eine jüngste Umfrage bescheinigt dem schwarz-roten Bündnis, dass 56 Prozent der Wähler mit ihm zufrieden sind.

Das ist ein enorm hoher Wert. Diese Zahlen sollten diejenigen Stimmen dämpfen, die von "Streit", "Konflikt" und gar "Krise" sprechen, wenn die eine oder andere Misshelligkeit im Regierungsbetrieb nach außen dringt. Nein, gemessen an allen üblichen Parametern der Politikbetrachtung ist die Koalition ausgesprochen erfolgreich.

Tatsächlich entpuppen sich auch die Themen, die gestern beim Koalitionsgipfel in Berlin durchaus kontrovers diskutiert worden sind, als vergleichsweise sehr kleine Baustellen. Ja, die Union hätte das Kleingedruckte beim Mindestlohn gern ein bisschen weniger bürokratisch. Ja, es gibt immer mal wieder Fingerhakeleien, wenn Familienministerin Manuela Schwesig und CSU-Chef Horst Seehofer ins Grundsätzliche geraten. Die eigentlichen Themen und Streitpunkte in der deutschen Politik sind aber Konflikte, bei denen die Frontlinie nicht (nur) innerhalb der Koalition, sondern vor allem zwischen Bund und Ländern verläuft. Das gilt für Neuordnung des Länderfinanzausgleichs wie für den Wegfall des Solidaritätszuschlags oder eine - zu Recht geforderte - höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten der Flüchtlingsaufnahme. Da aber in solchen komplizierten finanztechnischen Fragen die Länder keineswegs mit einer Stimme sprechen, lässt sich daraus keine Auseinandersetzung entzünden, die entlang parteipolitischer Orientierungen ausgefochten wird.

Insofern hat die Bundesregierung durchaus Grund zu einer gewissen selbstbewussten Gelassenheit. Es sind lösbare Diskussionspunkte, die weiterhin auf dem Tisch liegen. Und manches wird die Zeit regeln. Dass sich die Union zum Beispiel allen Ernstes bei der Energiewende zum Sachwalter der Braunkohle macht, also einen Kampf zugunsten einer ganz und gar veralteten und obsoleten Art der Energiegewinnung führt, kann nur ein Reflex sein - geschuldet dem Gefühl des Wirtschaftsflügels der CDU, an Einfluss verloren zu haben. Das lässt sich so nicht durchhalten.

Aber natürlich will auch die jeweilige Parteibasis bei Laune gehalten werden. Und deshalb müssen sich Union und SPD von Zeit zu Zeit erkennbar machen. Dass das der SPD eigentlich besser gelingt als der CDU und dennoch ihre Umfragewerte nicht wesentlich steigen, könnte noch ein Quell von Unruhe werden. Auch da aber sollte sich die SPD mit Geduld wappnen. Die Arbeit der Minister wird durchaus gewürdigt. Frank-Walter Steinmeier ist ein Liebling der politikinteressierten Bürger, und Manuela Schwesig rückt immer stärker in den Blickpunkt. Aber der Vertrauensbonus Angela Merkels überstrahlt und überdeckt noch alles. Nur: Ewig wird auch sie nicht regieren.

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