NRW schafft Studiengebühren ab: Umverteilung

Die allermeisten Studenten werden nun aufatmen: Ab dem Wintersemester müssen sie in Nordrhein-Westfalen keine Studiengebühren mehr bezahlen und haben deshalb 1 000 Euro pro Jahr mehr in der Tasche - zumindest wenn sie an Hochschulen studieren, wo es noch die unbeliebten Gebühren gibt.

Die "Ärmeren" unter den Studenten können das zusätzliche Geld auch dringend gebrauchen. Viele müssen jobben und haben deswegen Probleme mit den straff organisierten Bachelor- und Master-Studiengängen. Bei einer Umfrage unter Studienabbrechern nannte fast jeder Fünfte Geldmangel als Grund.

Der gestrigen Abstimmung ist in den vergangenen Monaten ein bizarrer Streit zwischen der rot-grünen Minderheitsregierung und der Linken vorausgegangen, die dem "Gesetz zur Verbesserung der Chancengleichheit beim Hochschulzugang in NRW" nun aber zustimmte.

Die Linke wollte die Studiengebühren bereits zum Sommersemester abschaffen. Das zeigt, wie schwierig Regieren mit wechselnden Mehrheiten ist. Über allem schwebt auch noch, dass das Landesverfassungsgericht den Nachtragshaushalt 2010 gestoppt hat und die südlichen Bundesländer notfalls gegen den Länderfinanzausgleich vor das Bundesverfassungsgericht ziehen wollen.

Geld ist knapp. Bluten die Hochschulen nun finanziell aus? Zunächst wohl nicht. Als Ausgleich sollen sie mindestens 249 Millionen Euro jährlich vom Land bekommen. Wenn die Studierendenzahl wächst, gibt es zusätzliches Geld. So hat es Wissenschaftsministerin Svenja Schulze angekündigt.

"Das Geld folgt den Studierenden" ist ihr Leitmotiv. Künftig werden diese Mittel nach der Zahl der Studenten in Regelstudienzeit verteilt, um nicht für Bummelstudenten zu belohnen. Damit kommt es zur Umverteilung zwischen den Hochschulen: Wer bisher keine Studiengebühren verlangt hat, bekommt nun mehr. Andere, die die Beiträge eingezogen haben, weniger. Mancher fühlt sich nun bestraft.

Die Ministerin versichert, dass die 249 Millionen Euro zur Kompensation nicht mit der Grundfinanzierung der Hochschulen von 4,5 Milliarden verrechnet werden. Genau da steht die Landesregierung im Wort. Die Finanzmittel der Hochschulen dürfen nicht beschnitten werden. In den vergangenen Jahren hat es sogar einen leichten Zuwachs bei der Grundfinanzierung gegeben. Trotzdem wurden vielerorts massiv Stellen abgebaut - zum Nachteil von Forschung und Lehre, insbesondere den "kleinen Fächern".

Wie das möglich ist? Allein die Löhne und Energiekosten steigen jährlich um mehrere Prozent. Bleibt die Landeszuweisung gleich, muss Personal abgebaut werden. Die Wissenschaftsministerin möchte jedoch die Lehre verbessern und die Geisteswissenschaften stärken. Das wird aber ohne zusätzliches Geld oder eine Umverteilung in den Hochschulen nicht klappen.

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