Kommentar Nato-Eingreiftruppe: Putin blufft

Der russische Präsident Wladimir Putin bedient sich der Instrumente, die die immer erdrückendere Lage für sein Land vergessen machen sollen: Drohungen mit und ohne Militär, Gegenmaßnahmen für EU-Sanktionen, mit denen er sich mehr schadet als den Europäern. Und nun die Absage eines Projektes, dessen Aufkündigung sich Moskau nicht leisten kann.

Es ist ohne Übertreibung das Strampeln eines Politikers, der den durchaus richtigen Eindruck zu vertreiben versucht, dass der Westen dem einstigen Riesenreich entschlossen die Stirn bietet. Die Strafmaßnahmen treffen die Wirtschaft, gestern hat die Nato unbeirrt die Stationierung weiterer Truppen im Osten der Allianz vereinbart. Und nicht einmal die machtvoll gemeinte Rhetorik zum Ende des South-Stream-Projektes versetzt die EU in Aufregung. Es mag ja sein, dass der Kreml-Chef die internationale Isolation, die er wegen der Ukraine-Krise hinnehmen muss, wegwischen kann. Doch die schleichende Entmachtung Russlands auf wirtschaftlichem Gebiet ist ein Fakt, den die Menschen zu Hause zu spüren bekommen. Und sie merken auch, dass Putins Machtlosigkeit wächst.

Tatsächlich hat sich die EU gegen die Pipeline über Bulgarien gewehrt. Aber nicht weil dieses Vorhaben den frischgebackenen ukrainischen Partner ausklammert, sondern weil der Gazprom-Konzern unter Umgehung der europäischen Marktgesetze versucht hat, seinen Einfluss auf die Energieversorgung auszudehnen. In Moskau dachte man, EU-Recht sei nur für europäische Wettbewerber da. Ein Irrtum. Putin zieht Konsequenzen, die Brüssel schon lange eingeleitet hat. Russlands Führung wollte dem Westen einen Schlag zufügen - und traf ins Leere.

Dass die Gemeinschaft an Stärke und Selbstsicherheit gewonnen hat, liegt vor allem an ihrer Geschlossenheit. Zwar erfreuen sich die Sanktionen gegen Moskau nicht gerade überschäumender Beliebtheit. Aber es gab bisher kaum eine EU-Regierung, die für die eigentlich versprochene, vorzeitige Beendigung der Strafen eintrat. Zu deutlich ist ihre Wirkung erkennbar. Putins Reaktionen sprechen Bände. Ohne Rückkehr auf den Boden des Völkerrechtes wird er den Schaden, den sein Volk nimmt, nicht wieder reparieren können. Nicht mehr und nicht weniger erwartet die EU.

So bleiben die Auftritte des Präsidenten bizarre Showeinlagen, die wieder vorbei sind, wenn das Scheinwerferlicht erlischt. Russlands Hunger nach Selbstbestätigung ist groß. Doch der Präsident und seine Führungsmannschaft werden lernen müssen, dass sie die Europäer nicht einfach an die Wand spielen können. Dass Moskau mit dem Pipeline-Poker noch einmal versucht, die Energie-Karte zu ziehen, dokumentiert, wie wenig man die Befindlichkeit der EU-Mitgliedstaaten verstanden hat. Dort braucht man zwar sibirisches Gas, aber nur noch einige Jahre lang. Dann wird man es ersetzen können.

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