Kommentar Linke: Behutsamer Abschied

Gregor Gysi braucht keine Ämter, um öffentlich zu wirken. Seine Partei allerdings, die Linke, hätte es wesentlich schwerer, ohne den Großrhetoriker ihre Positionen zu vermitteln.

Und weil er das weiß, hat er sich - 67-jährig - zwar einen Abschied, aber doch einen behutsamen Abschied verordnet. Er geht nicht so ganz, zieht sich aber in der Fraktion auf eine Position zurück, die weniger belastend sein wird als der Fraktionsvorsitz.

Die Umstände seines eigenen Abgangs zu bestimmen, ist für einen Politiker eine hohe Kunst. Viele scheitern daran, viele halten zu lange fest, merken nicht, dass die Zeit über sie hinweg gegangen ist. Gysi geht selbstbestimmt, ohne Beschädigung. Das ist wichtig, denn er behält damit innerparteilich viel Autorität, die er braucht, um den Kurs der Partei in einer wichtigen Frage noch mit beeinflussen zu können. Denn das will er - all seinen Beteuerungen zum Trotz. Auch seine Abschiedsrede beweist dies.

Seltsamerweise leistet sich die Linke gerade jetzt die immergrüne Grundsatzdebatte über Fundamentalopposition oder Eintritt in Regierungsbündnisse, da sie erstmals einen - durchaus erfolgreich gestarteten - Ministerpräsidenten stellt. Gysi will auch auf Bundesebene die Bereitschaft seiner Partei, Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Das allerdings ist eine Gespensterdebatte. Eine Partei, die über ein bedingungsloses Grundeinkommen von über 1000 Euro debattiert, die G7-Gipfelteilnehmer als "Kriegstreiber" beschimpft und die "Eigentumsfrage" neu stellt, ist nicht regierungsfähig. Gysi ist da viel weiter als seine Partei.

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