Kommentar Landtagswahlen - SPD in Nöten

Es ist ja nicht so, dass man die SPD nicht verstehen könnte. Das politische Leben an der Seite von Angela Merkel kann mürbe machen. Das hat nicht nur die FDP erlebt.

Das haben die Sozialdemokraten zwischen 2005 und 2009 ja auch schon mitgemacht. Diesmal sollte alles anders werden. Die SPD übernimmt Verantwortung, bekennt sich zur gemeinsam gestalteten Macht, statt sich - wie damals - als Opposition innerhalb der Regierung zu gebärden. Doch das Ergebnis ist dasselbe.

Obwohl sich die Union praktisch tot stellt, obwohl sie sich heillos im Maut-Streit verzettelt, obwohl die SPD treubrav ihr Wahlprogramm abarbeitet, all ihre Versprechen hält und vor Aktivität vibriert - trotz allem kommt sie nicht vom Fleck, überstrahlt die Beliebtheit der Kanzlerin alles und jeden, bleibt die SPD ohne Perspektive. Das kann schon frustrieren. Und Sehnsüchte wecken.

Am Sonntag wird in Thüringen gewählt. Eine rot-rote Mehrheit ist zumindest in Reichweite. Da keimt die Versuchung. Die Sozialdemokraten könnten einen Ministerpräsidenten der SED-Nachfolger zum Regierungschef wählen. Auf den ersten Blick ist das ein ziemlich absurder Gedanke, denn die SPD tauschte nur den Partner: Linkspartei statt CDU, aber im Regierungsalltag bliebe man weiterhin nur Juniorpartner, zweite Geige.

Vermeintlich Sinn macht der Schachzug erst vor dem Hintergrund der trostlosen Lage auf Bundesebene. Die SPD braucht zumindest den Traum, einmal wieder den Kanzler stellen zu können, loszukommen von der Kette der Kanzlerin. Dieser Traum ließe sich durch neue Flexibilität in den Ländern befeuern.

Die Wirklichkeit sieht leider ganz anders aus. In Thüringen unter einem Regierungschef der Linkspartei zu dienen, wäre bei klarem Verstand betrachtet nur ein halbstarkes Muskelspiel. Nicht mehr als eine trotzig-zornige Geste an die Union: Sieh her, wir können auch anders! Leider kann die SPD aber durchaus nicht anders. Denn selten war die Hoffnung irrealer, die CDU-Kanzlerschaft durch ein rot-rot-grünes Bündnis unter Führung der SPD abzulösen.

Die Grünen sind längst zu anderen Ufern aufgebrochen. In Hessen regieren sie schon mit der CDU, in Sachsen kokettieren sie zumindest mit der Möglichkeit. Die Annäherung beider Formationen wird von den jeweiligen Parteiführungen strategisch betrieben. Man sammelt systematisch Gemeinsamkeiten.

Die SPD ist für viele Grüne längst nicht mehr der "natürliche" Bündnispartner. Und die Linkspartei war es nie. Tatsächlich sind bundespolitisch die Gräben so tief wie lange nicht. Die schweren internationalen Krisen der Gegenwart machen gerade wieder klar, dass die Linkspartei mit ihren außenpolitischen Vorstellungen meilenweit von den Konzepten eines Frank-Walter Steinmeier entfernt ist. Inkompatibel.

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