Kommentar zur Flüchtlingsaufnahme Nur eine kleine Geste

Meinung | Berlin · Das Jahr 2015 hat tiefe Spuren hinterlassen. Fast eine Million Flüchtlinge kamen nach Deutschland. Nun hat die Koalition einen dürren Beschluss gefasst, kommentiert unsere Autorin.

 Kinder spielen in einem provisorischen Zeltlager in der Nähe des Camps für Migranten in Moria.

Kinder spielen in einem provisorischen Zeltlager in der Nähe des Camps für Migranten in Moria.

Foto: dpa/Angelos Tzortzinis

Das Jahr 2015 mit fast einer Million in Deutschland aufgenommener Flüchtlinge hat Spuren hinterlassen. Wie tief sie sind, zeigt der dürre Beschluss der Koalitionsspitzen. Da ist von Unterstützung für Griechenland „bei der schwierigen humanitären Lage von etwa 1000 bis 1500 Kindern“ die Rede. Eine „Koalition der Willigen“ in der EU solle die Kinder aufnehmen, die schwer krank oder allein auf der Flucht und jünger als 14 Jahre sind – Deutschland sei bereit einen „angemessenen Anteil“ zu tragen.

Gemessen an den Möglichkeiten der größten Volkswirtschaft Europas – allein Brandenburg kann nach eigenen Angaben 5000 Flüchtlinge unterbringen – ist die Aufnahme von einigen hundert notleidenden Kindern nicht mehr als eine kleine Geste. Die Angst vor Widerstand in der Bevölkerung ist offenbar groß.

Der Koalitionsbeschluss setzt aber auch ein richtiges Zeichen: Deutschland fordert diesmal Solidarität in der Europäischen Union ein. Europa muss mehr Verantwortung tragen. Verantwortung für Nothilfe und Humanität, aber auch für eigenes jahrelanges dramatisches Versagen. Heimatländer der Flüchtlinge wurden wirtschaftlich oft ausgenutzt und geschwächt durch Exporte subventionierter Produkte. Kriege wie in Syrien wurden beobachtet, ohne den Nachbarstaaten rechtzeitig bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu helfen. Im Gegenteil – Gelder wurden gekürzt. Die EU muss endlich umsteuern.

Laut Umfragen ist Deutschland in der Flüchtlingsfrage gespalten. Eine Minderheit verschafft sich mit Hass und Hetze Gehör. Viele Bürger sind verunsichert, ob die Integration der Flüchtlinge aus 2015 dauerhaft gelingt. Aber viele andere halten Hilfe für Flüchtlinge weiterhin für richtig und verkraftbar. Für einige hundert Kinder gilt das allemal.

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