Kommentar zur Amtsenthebung gegen Donald Trump Tiefe Spaltung

Meinung | Washington · In der Ukraine-Affäre von Präsident Donald Trump haben die Zeugenaussagen vor laufenden Fernsehkameras begonnen. Die Demokraten hoffen, mit den Anhörungen die tiefe Spaltung in der Gesellschaft zu ändern, kommentiert GA-Korrespondent Frank Herrmann.

 In der Ukraine-Affäre von Präsident Donald Trump haben die Zeugenaussagen vor laufenden Fernsehkameras begonnen.

In der Ukraine-Affäre von Präsident Donald Trump haben die Zeugenaussagen vor laufenden Fernsehkameras begonnen.

Foto: AP/Andrew Harnik

Die Fakten sind bekannt. Kein Zeuge, der in den nächsten zwei Wochen vor dem Geheimdienstausschuss des Kongresses aussagt, dürfte Wesentliches ändern an ihrem Grundgerüst. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat die Macht seines Amtes missbraucht, um die Ukraine zur Wahlkampfhilfe gegen einen Rivalen im eigenen Land zu zwingen. Er hat die Regierung in Kiew erpresst, indem er die Auszahlung von Militärhilfe stoppte, bis sie Ermittlungen gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter aufnehmen würde. Zumindest war das die Absicht, bevor das Parlament Wind von der internen Beschwerde eines Whistleblowers bekam und das Weiße Haus den Rückzug antreten musste.

Zeugen, an deren Glaubwürdigkeit es keinen Zweifel geben kann, haben das Puzzle hinter verschlossenen Türen bereits zusammengesetzt. Eigentlich bedürfte es keiner öffentlichen Anhörungen. Doch so klar die Faktenlage ist, so unterschiedlich ist ihre Wertung. Wie Gegner und Verbündete Trumps die Tatsachen interpretieren, spricht Bände über eine politische Polarisierung, die wohl noch nie so extrem war wie jetzt.

Während die Demokraten hinreichende Gründe für eine Amtsenthebung sehen, sprechen die Republikaner von einer Clique von Bürokraten, angeführt von einem anonymen Whistleblower, die versuche, einen demokratisch legitimierten Präsidenten aus dem Oval Office zu putschen: Das ist das zentrale Argument ihrer Verteidigungsstrategie. Eigentlich kein Argument, sondern mehr eine (verschwörungstheoretische) These.

Wie viele konservative Abgeordnete es gibt, die den Unsinn tatsächlich glauben, sei dahingestellt. Was sie dennoch den Schulterschluss mit Trump proben lässt, ist die lähmende Angst vor der Rache der Parteibasis. Die nämlich könnte sie bei den nächsten Vorwahlen um ihre Ämter bringen.

Umfragen spiegeln, mit allenfalls knappen Mehrheiten für ein Impeachment, die tiefe Spaltung der Gesellschaft, von der Trump ja gerade zehrt. Genau das hoffen die Demokraten mit dem Anhörungsmarathon zu ändern. Sie bauen auf Zeugen, die den Machtmissbrauch vor großem Fernsehpublikum so überzeugend schildern, dass die öffentliche Meinung kippt. Geschieht das, kann Bewegung in die erstarrte politische Landschaft kommen. Nur wenn die Republikaner befürchten müssen, dass der Preis, den sie für den Pakt mit Trump zahlen, unvertretbar hoch ist, sind sie vielleicht bereit, auf Distanz zu ihm zu gehen.

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