Kommentar Klimaschutz - Auf kleiner Flamme

Europa führt sich auf, als müsse man das weltweite Klima im Alleingang retten. Der Vorwurf, dass die Europäische Kommission mit ihrem Entwurf zurückgesteckt habe, trifft nicht zu.

Ja, es haben sich Nüchternheit und Realismus breitgemacht, beispielsweise wenn man den Mitgliedstaaten mehr Freiräume lässt, um ihre Energieversorgung aus regenerativen Quellen auszubauen.

Das ist kein Rückschritt, sondern eine Einsicht in die gegebenen Notwendigkeiten: Zum einen haben die Regierungen die alleinige Hoheit, über den nationalen Energiemix zu entscheiden. Zum anderen wäre eine ähnlich verbindliche Vorgabe wie das 20-20-20-Ziel bis 2020 mit Sicherheit im Kreis der Staats- und Regierungschefs gescheitert.

Diese Union wollte schon in der Geburtsstunde ihrer Klimaschutz-Politik zwei Dinge zusammenführen: wirtschaftliches Wachstum und ökologische Umsteuerung. Nach nunmehr sieben Jahren voller Bemühungen selbst um Glühbirnen und Duschköpfe muss man festhalten: Das hat nicht so geklappt, wie man es sich ausgemalt hat.

Diese Feststellung darf nicht zu ihrer eigenen Umkehrung führen, indem man den alten Gegensatz von Industriepolitik und Umweltschutz wieder hervorholt. Aber es macht sehr wohl Sinn, sich die konkreten Vorgaben einmal durch die Brille der alltäglichen Wirklichkeit näher anzusehen. Wenn wir tatsächlich das nunmehr anvisierte Ziel einer CO2-Reduzierung von 40 Prozent bis 2030 erreichen wollen, bleibt kaum ein Stein auf dem anderen.

Denn es sind keineswegs nur die Unternehmen, die massiv investieren müssen - mit den entsprechenden Folgen für Preise und Jobs -, sondern auch die Verbraucher.

In diesem nächsten Schritt reden wir nicht mehr über Duschen, Toilettenspülungen und 900-Watt-Staubsauger, sondern über die erzwungene Sanierung weiter Teile unserer privaten und gewerblichen Bauten. Dass dies alles mit Blick auf das Klima wünschenswert, ja sogar notwendig sein mag, steht außer Frage. Aber ist dies auch realistisch?

Die Vorlage der Kommission erfüllt die Erwartungen vieler nicht, weil sie keine großen, ambitionierten Zahlen enthält. Aber vielleicht liegt genau darin die Bedeutung des Papiers. Es lässt nämlich nicht nur Spielräume für nationale Alleingänge und Besonderheiten, sondern es nimmt auch Rücksicht auf die Probleme, die sich aufgetan haben.

Spanien und Portugal, zum Beispiel, investierten massiv in regenerative Stromerzeugung - immer in der Hoffnung, diese dann auch lukrativ auf dem europäischen Energiebinnenmarkt verkaufen zu können. Doch es gibt nicht genug Leitungen.

Da macht es sehr wohl Sinn, den Regierungen vor Ort freie Hand zu geben, ohne sie aus der Verantwortung für ein gesamteuropäisches Ziel zu entlassen.

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