Kommentar Kleine Parteien in Deutschland: Mühen der Ebene

Die nächste bitte! Nach Schill-Partei, Statt-Partei und den Piraten, um die markantesten Beispiele zu nennen, zerlegt sich wieder einmal eine neue, kleine, mit Enthusiasmus und Anfangserfolgen gestartete Gruppierung und versinkt in die Bedeutungslosigkeit.

Jedenfalls darf man diese Prognose für die ehemalige AfD abgeben, die nun sogar in zwei Varianten auftritt: die neue AfD, die nun ALFA heißt und beansprucht, die eigentlich alte und originale AfD zu sein, und die alte AfD, der vorgeworfen wird, eine neue Partei geworden zu sein, weit weg von den einstigen Grundätzen und Idealen.

Warum scheitern die neuen Parteiprojekte, während die Volksparteien erstaunlich resistent gegen zusätzliche Konkurrenz sind? Mit dem Standort scheint das alles wenig zu tun zu haben, denn zum Beispiel Piraten und AfD eint politisch ganz wenig, außer dem Schicksal, die Zukunft schon hinter sich zu haben.

Es hat wohl eher mit den Gesetzmäßigkeiten einer Mediengesellschaft im digitalen Zeitalter zu tun. Es ist ziemlich leicht, erste Aufmerksamkeit zu erregen. Man nehme: Ein paar provozierende Thesen, die auf Beifall in der protestgeneigten Wählerklientel hoffen dürfen; eine Persönlichkeit, die zuspitzen kann und vom ersten Eindruck her gewisse Neugier weckt. Dann geht zunächst alles wie von selbst. Die Neuen müssen ihre Thesen nur immer wiederholen. Bühnen gibt es genug: Die Talkshows lechzen nach neuen Gästen und neuen Parolen. Für ein gutes Resultat bei einer Landtagswahl reicht das fast schon. Viele Bürger nehmen die Wahlen in den Ländern nicht mehr so ernst. Sie nutzen die Gelegenheit, auch mal Denkzettel zu verpassen. Davon profitieren neue Konstrukte.

Und dann kommt der Erfolg, und der Spaß ist vorbei. In unschöner Regelmäßigkeit passieren dann immer dieselben Dinge. Nach dem Protestieren kommt das Organisieren. Landesverbände, Kreisverbände, Fraktionen müssen gebildet werden, Vorsitzende müssen gewählt, Hierarchien etabliert werden. Das ist langweilig und arbeitsreich. Ganz anders die so hübsch provokativen Aktionen im Straßenwahlkampf.

Ach ja, um Inhalte geht es ja auch. Das ist ärgerlich, denn bis zum Einzug in die Parlamente reichten ein paar Thesen. Jetzt muss die Partei aber auf alle Fragen eine Antwort haben: von der Außen- bis zur Seniorenpolitik. Sonst wird der Talkshowmaster böse. Das ist aber sicher nicht der Grund, warum die Mitglieder eingetreten sind. Also wird improvisiert - ein Einfallstor für jede Art sektiererischen oder amateurhaften Streits. All das ist auch der AfD widerfahren. Sie ist seriös gestartet. Aber auch sie hat gemerkt, dass populistische Parolen Stimmen bringen. Und mit den Stimmen kamen die Geister, die man nicht gerufen hatte. Der Gründungsvater hat sich mit Grausen abgewendet. Die bürgerlichen Wähler werden das auch tun. Es ist vorbei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Demokraten zeigen Zähne
Kommentar zur Situation der AfD Die Demokraten zeigen Zähne
Zum Thema
Ende der Naivität
Kommentar zu russischer Spionage in Deutschland Ende der Naivität
Aus dem Ressort