Kommentar zum NPD-Verbotsverfahren Klare Kante

Gesinnungen kann man nicht verbieten - das ist wahr. Verfassungswidrige Parteien sehr wohl. Deshalb ist es gut, dass der Bundesrat, der Ende 2013 das neue Verfahren zum Verbot der NPD auf den Weg brachte, jetzt nachgelegt hat.

Die Ereignisse der vergangenen Monate, zuletzt die widerwärtigen Übergriffe auf Flüchtlinge im sächsischen Heidenau, lassen keinen Zweifel daran, dass die NPD hinter diesen Taten steckt. Oder wie es die Verfassungsschützer in Sachsen sagen: Die NPD muss sich die gewalttätigen Übergriffe anrechnen lassen. Wann also, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt gekommen, diese Partei zu verbieten?

Das Hin und Her um dieses Parteienverbot dauert schon viel zu lange. Die Verfassungsinstitutionen haben sich dabei wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Im ersten Verfahren scheiterten sie beim Bundesverfassungsgericht kläglich, nicht etwa, weil die Richter die Verfassungsmäßigkeit der NPD unterstellten, sondern weil - man kann es nicht anders sagen - die Politik so blöd war, Beweise mit Hilfe von V-Leuten so zu sammeln, dass sie wertlos wurden.

Alle Welt geht von der Verfassungswidrigkeit der NPD aus. Doch zu vielen Verfassungsorganen fehlt die Traute, daraus die Konsequenz zu ziehen. Mal wird taktisch argumentiert nach dem Motto: Wenn wir die NPD verbieten, gehen ihre Anhänger in den Untergrund und wir können sie dann schwerer überwachen. Ein Argument, das nur dann zöge, wenn es den Sicherheitsbehörden bisher gelungen wäre, Taten aus dem Umfeld der NPD zu verhindern. Heidenau ist der jüngste Beleg dafür, dass es nicht so ist.

Andere Vertreter argumentieren mit dem Ansehen der Verfassungsinstitutionen. Ihr Motto: Wir können uns eine nochmalige Pleite in Karlsruhe nicht leisten. Anstatt daraus die Aufforderung abzuleiten, so akribisch wie nur eben möglich, nach Belegen für die Verfassungswidrigkeit der braunen Partei zu suchen, zieht man sich lieber zurück. Weshalb das neue Verfahren "nur" vom Bundesrat betrieben wird, nicht von der Bundesregierung. Das ist Feigheit vor dem Verfassungsfeind, sonst nichts.Und es mindert die Chancen in Karlsruhe. Denn ein Verfahren, das von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat angestrengt worden wäre, hätte natürlich ein größeres Gewicht.

Und schließlich noch dieses: In einer Zeit, in der sich in vielen Ländern der Europäischen Union rechte bis rechtsradikale Gruppierungen erfolgreich auf den Weg gemacht haben, die parlamentarischen Institutionen zu erobern, wäre es ein sehr angebrachtes, sehr passendes Signal in die Gegenrichtung, endlich zu einem Parteienverbot zu kommen. Ein Signal, das die wehrhafte Demokratie des Grundgesetzes bestätigte, und auch ein Signal dafür(um mit dem Bundespräsidenten zu sprechen), dass die Bundesrepublik nicht "Dunkeldeutschland" werden will.

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