Kommentar zum transatlantischen Verhältnis Kaltfront

Meinung | München · Die Libyen-Friedenskonferenz berät über Hebel, wie Waffenlieferungen an die Kriegsparteien unterbunden werden können. Europa muss sich dringend um seine eigene Sicherheits- und Verteidigungspolitik kümmern, kommentiert GA-Korrespondent Holger Möhle.

 Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Bundesministerin der Verteidigung, spricht auf der 56. Münchner Sicherheitskonferenz.

Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Bundesministerin der Verteidigung, spricht auf der 56. Münchner Sicherheitskonferenz.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Auch in einer engen und lange guten Partnerschaft kann man sich auseinanderleben. Die USA und Europa machen seit einiger Zeit eine Phase miteinander durch, in der sie im nun 71. Jahr die transatlantischen Beziehungen auf den Prüfstand stellen. Die USA unter Führung von Präsident Nummer 45 haben ihr Interesse an Europa merklich zurückgefahren. Donald Trump, dem multilaterale Organisationen wie Vereinte Nationen, Nato oder Europäische Union zuwider sind, setzt lieber auf bilaterale Verträge. Deal oder no deal.

Europa spürt, dass es sich um seine Sicherheit stärker selbst kümmern muss. Es sollte aber auch zur Kenntnis nehmen, dass das Verhältnis zu den USA auch unter einem nächsten oder einem übernächsten Präsidenten nie wieder so werden wird, wie es einmal war. Die Nato war lange Zeit eine Restrisikoversicherung für ihre Mitgliedsstaaten. Niemand würde es wagen, das mächtigste Militärbündnis der Welt anzugreifen, so die Erwartung. Der Bündnisfall, ausgelöst durch die Anschläge vom 11. September 2001, war der Beginn einer neuen Zeitrechnung. Er ist bis heute nicht aufgehoben. Beinahe 20 Jahre Afghanistan-Einsatz zeigen aber auch, dass die Mittel, einen Gegner militärisch zu besiegen, begrenzt sind. Wie viel Stabilität wird bleiben, wenn die Nato eines Tages ihre letzten Soldaten vom Hindukusch abgezogen hat? Europa hat mehrere Konflikte vor der eigenen Haustür. Doch sowohl in Syrien wie auch in Libyen hat die EU bisher jämmerlich versagt. Seit neun Jahren toben dort Bürgerkriege, teilweise geschürt durch ausländische Mächte. Allen voran Russland hat die Schwäche der EU, die uneins und zögerlich ist, ausgenutzt und längst einen strategischen Fußabdruck in Nordafrika gesetzt.

Deutsche und europäische Außenpolitik ist sehr gut im Beschreiben von Problemen, aber zu inaktiv, wenn es darum geht, einer destruktiven Dynamik wie etwa in Syrien entschlossen entgegenzutreten. Es wäre interessant zu beobachten, ob etwa eine EU-Mission in der Läge wäre, ein Waffenembargo in Libyen zu überwachen und gegebenenfalls auch durchzusetzen.

In einer Welt, in der autoritäre Regime zunehmend aggressiv auftreten und die regelbasierte Ordnung mit Füßen treten, ist das westliche Modell in der Defensive. Europa muss sich dringend um seine eigene Sicherheits- und Verteidigungspolitik kümmern. Geeint, geschlossen, entschlossen. Die Nato bleibt dabei unverzichtbarer Bestandteil europäischer Sicherheit. Der strategische Dialog in Europa, den Frankreichs Präsident Emmanuel Macron anmahnt und den Deutschland bis heute schuldig geblieben ist, ist notwendig. Nicht gegen Trump, sondern wegen Trump.

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