Kommentar zu den Corona-Lösungen Intakter Flickenteppich

Meinung | Bonn · Deutschland entwickelt sich in der Corona-Krise zum Flickenteppich. Doch dass einzelne Länder und sogar Kommunen entscheiden können, wie sie die Lage am besten bewältigen können, ist kein Nachteil, kommentiert unser Autor.

 Die Corona-Krise verlangt der Gesellschaft derzeit einiges ab.

Die Corona-Krise verlangt der Gesellschaft derzeit einiges ab.

Foto: dpa/Boris Roessler

Auch wenn die Ergebnisse des Corona-Gipfels von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder an diesem Donnerstag noch nicht vorliegen, ist schon jetzt eines klar: Für ganz Deutschland geltende Lösungen wird es nicht geben. Das Land bleibt ein Flickenteppich von Regelungen, wann und wie Kinder wieder Schule oder Kita besuchen können, welche Läden öffnen oder welche Grenzen geschlossen bleiben. Fast jedes Bundesland verfolgt in der Krise einen eigenen Kurs. Jedes Land eine Corona-Regel-Insel, die traditionelle deutsche Kleinstaaterei, zum Unwillen der Kanzlerin.

Doch der Flickenteppich ist in der Bundesstaatlichkeit angelegt. Und auch wenn manche Regelung widersprüchlich ausfällt: Dass einzelne Länder und sogar Kommunen entscheiden können, wie sie die Lage am besten bewältigen können, ist kein Nachteil, im Gegenteil. In Mecklenburg-Vorpommern kommt auf 100.000 Einwohner statistisch nur ein Covid-19-Toter, in Bayern aber fast 13. Es versteht sich fast von selbst, dass damit an der Ostseeküste Regelungen für Kontaktbeschränkungen lockerer sein können als im Allgäu. Die Bedingungen im Saarland mit seiner Grenze zur schwer getroffenen Region Elsass-Lothringen sind andere als im Binnenland Hessen, und selbst dort unterscheiden sie sich stark zwischen Frankfurt und dem dünn besiedelten Waldhessen.

Dass sich der Grundsatz der Entscheidung auf der am niedrigsten möglichen Ebene auch in Sachen Corona-Bewältigung im Großen und Ganzen bewährt, zeigt übrigens auch die Gegenprobe mit einem Blick nach Frankreich oder Großbritannien. Dass stark zentralistisch ausgerichtete Staaten besser durch die Krise steuern als der belächelte deutsche Flickenteppich, lässt sich jedenfalls nicht erkennen, im Gegenteil. Damit es einen Wettbewerb um die besten Lösungen gibt, müssen erst einmal unterschiedliche Lösungen da sein. Wie schnell es dann gehen kann, zeigt die Pflicht zum Tragen des Nase-Mund-Schutzes. Nachdem mit Bayern ein Schwergewicht unter den Ländern den Schritt ging, zogen innerhalb weniger Tage die anderen nach, unter öffentlichem Druck auch NRW.

Dass die Krisenbewältigung zugleich ein Schönheitswettbewerb der Krisenbewältiger ist, haben die Teilnehmer übrigens in Rekordzeit verinnerlicht. Der Nordrhein-Westfale Armin Laschet hat in diesem Wettbewerb zuletzt erheblich Federn gelassen.

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