Kommentar zur Corona-Krise und Ostern Innehalten

Meinung | Berlin · Die Osterfeiertage sind in diesem Jahr eine Prüfung. Wir sind nicht im Gefängnis, aber wir sind nicht frei. Klar ist, dass wir uns verändern werden. Doch es gibt Grund zur Hoffnung, kommentiert unsere Autorin.

 Die Osterfeiertage werden ungewöhnlich.

Die Osterfeiertage werden ungewöhnlich.

Foto: dpa/Andrew Matthews

Dieses Osterfest ist eine Prüfung. Wir sind nicht im Gefängnis, aber wir sind nicht frei. Wir dürfen uns nicht so verhalten, wie wir das Leben kennen und lieben. Zur Familie fahren, Eltern und Enkel drücken oder mit Freunden für die Kinder im Garten oder im Park Ostereier verstecken – alles verboten. Auch kein Theater, kein Kino, kein Konzert, kein Fußball. Wir, die freiheitsliebende und an die Freiheitsrechte so gewöhnte – mitunter auch verwöhnte – Nation muss stillhalten. Und wir dürfen nicht einmal in die Kirche gehen, um den Kummer darüber im Gottesdienst zu lindern und gemeinsam Hoffnung zu schöpfen. Dabei ist es doch das Fest der Hoffnung.

Da wir stillhalten müssen, sollten wir über die Osterfeiertage auch noch einmal innehalten. Wir werden noch viel Kraft brauchen, um die Pandemie zu überstehen. Mag die erste Woche im sogenannten Shutdown für manche noch wie ein Abenteuer gewirkt haben, geht es jetzt mit der vierten Woche in die anstrengende Ausdauerphase. Die Mahnungen, dass Kinder und Frauen zuhause verprügelt werden, ohne dass es Lehrer und Kollegen sehen, werden lauter und die Ängste größer, dass aus Kurzarbeit Arbeitslosigkeit wird.

Politiker, Unternehmer, Sozialarbeiter befürchten, dass die Folgeschäden der Krise schlimmer sein werden als die Pandemie selbst. Die Gefahr ist eben nur, dass alle Mühe vergebens sein könnte, wenn wir jetzt die Nerven verlieren.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet will eine offene Debatte über die Lockerungen der rigiden Einschnitte in die Freiheitsrechte. Er sorgt sich um die Moral der Bürger und die Zukunft der Betriebe. Er will den Menschen Hoffnung geben, indem Szenarien erklärt werden, wann welcher Bereich wieder in die Normalität zurückkehren darf. Die Gefahr dabei ist allerdings, dass man in der Erwartung baldiger Entspannung nachlässig wird. Müssen es wirklich 1,5 Meter Abstand sein? Darf ich mich wirklich nicht mit meinen guten Nachbarn treffen? Und die Enttäuschung wäre umso größer, wenn die Ziele nicht erreicht werden, weil etwa die Infektionsrate weiter steigt und die Zahl der Toten auch. 

Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt nun offensichtlich auf eine Versorgung der Bürger mit Atemschutzmasken. Dann könnten einzelne Branche wieder angekurbelt werden. Das Ärgerliche daran ist, dass Virologen und damit die von ihnen beratenen Politiker sehr lange erklärt haben, dass diese Masken für die Allgemeinheit wenig Nutzen hätten, weil sie nicht den Träger schützten, sondern nur seinen Gegenüber. Dabei kam früh die Frage auf, dass doch dann alle geschützt sein müssten, wenn jeder eine Maske trage. Das eigentliche Problem war und ist auch noch, dass dieser Mundschutz nicht ausreichend vorhanden ist.

Klar ist, dass wir uns verändern werden. Vielleicht sogar kulturell. Wenn diese Krise überstanden ist, wird der Handschlag zur Begrüßung womöglich vorbei sein. Eine kleine Verbeugung, die Hand aufs Herz, ein Lächeln könnten stattdessen Höflichkeit und Respekt ausdrücken. Wir werden vielleicht weniger Reichtum haben, aber reicher an Disziplin und Demut sein.

Und natürlich gibt es Grund zu Hoffnung. Es ist bereits Herausragendes passiert. Die meisten Bürger halten sich an die Vorgaben. Die Politik hat unvorstellbar große Hilfsprogramme aufgelegt, um Bürger und Wirtschaft zu schützen. Das Vertrauen ist groß, dass der Staat stark und die Demokratie krisenfest ist, Rechtspopulisten finden wenig Gehör. Der Spruch ist negativ belastet, richtig ist er trotzdem: Wir schaffen das.

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