Kommentar Haushaltsdebatte - Soli ohne Ende

Jetzt ist es raus: Der Bund will auf den Soli nicht verzichten. Damit bestätigt sich zunächst einmal eine alte Befürchtung: Wenn einmal eine neue Steuer oder Abgabe in der Welt ist, bleibt sie für alle Zeiten. Ist eine Finanzquelle erst einmal erfolgreich angezapft und sprudelt, tut die Politik alles, damit sie nie wieder austrocknet.

Die Zukunftsperspektive für den leidgeprüften Steuerzahler in Sachen Soli ist also düster: Im Bundesfinanzministerium reift zwar die Einsicht, dass sich der Soli über 2019 hinaus kaum mehr rechtfertigen lässt. Die Beamten befürchten, dass das Bundesverfassungsgericht ihn eines Tages kassieren könnte. Die Abgabe in Höhe von 5,5 Prozent auf die Einkommensteuer (und verwandte andere Steuern) wurde ja 1991 vor allem mit den hohen Kosten zur Finanzierung der deutschen Einheit gerechtfertigt. Der Soli wurde jahrelang erhoben und hat dem Bund wohl einen dreistelligen Milliardenbetrag eingespielt.

Nun ist die Einheit im Wesentlichen bezahlt. Und der Solidarpakt II, in dem sich der Bund zu Zahlungen an die Ostländer verpflichtet hat, läuft 2019 aus. Und was passiert? Auf die Milliarden aus dem Soli verzichten, das will Finanzminister Schäuble nicht.

Er unternimmt vielmehr Anstrengungen, um weiter an das Geld der Bürger zu kommen. Er will dem Vernehmen nach den Soli zwar formell abschaffen, aber im Gegenzug die Einkommensteuern entsprechend erhöhen. Unter dem Strich würde sich für den Steuerzahler wenig ändern.

So verständlich die Empörung darüber ist: Wenn es so kommen sollte, müsste man Schäuble dennoch Respekt zollen. Der Bund machte sich damit nämlich ehrlich. Der Soli war stets eine ganz normale Steuer, die nur anders hieß. Er war nie formell zweckgebunden für den Aufbau im Osten. Wenn der Staat auf das Geld auf Dauer nicht verzichten kann oder will, gebietet es der politische Anstand, das Kind beim Namen zu nennen und entsprechend die Steuersätze zu erhöhen.

Man darf nicht immer die mangelnde Transparenz im deutschen Steuersystem kritisieren. Und wenn dann die Politik einen Anlauf unternimmt, für mehr Durchblick im fiskalischen Dickicht zu sorgen, ist es dann auch wieder nicht richtig. So bitter es ist, dass die Abgabenlast nicht sinkt, es gibt auch ein Trostpflaster: Mit der Abschaffung des Soli und dem Draufsatteln auf die Einkommensteuer würde eine von zwei Abgaben verschwinden.

Auf einem anderen Blatt steht die Frage, ob sich Schäuble damit durchsetzt, die Soli-Milliarden für sich zu behalten. Er ist zwar ein Profi, wenn es ums Verhandeln geht. Am Beginn der Gespräche über eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen wird er den Ländern auch nichts schenken. Aber bislang war es stets so, dass der Bund bei derartigen Verhandlungen finanziell bluten musste. Warum sollte es diesmal anders sein?

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