Kommentar Grüne und sexuelle Freiheit - Trittins Rolle

So naiv ist wohl niemand in der Grünen-Parteispitze. Eine Woche vor dem entscheidenden Wahltag veröffentlicht ein Parteienforscher ein Dokument, das Verwerfliches offenbart: Der heutige Co-Spitzenkandidat für den 22. September soll demnach presserechtlich Verantwortung für eine Göttinger Grünen-Splittergruppe übernommen haben.

In deren Forderungskatalog enthalten ist der freie Sex zwischen Kindern und Erwachsenen. Sicher ist nur eins: Der Vorgang liegt über drei Jahrzehnte zurück. Jürgen Trittin bestreitet ihn nicht. Aber die Ausrede, er habe das Dokument gar nicht gelesen, klingt ziemlich gut erfunden.

Entscheidend ist aber: Wundert sich der Grünen-Vormann nicht über die Tatsache, dass ein Wissenschaftler einer - von den Grünen in Auftrag gegebenen und finanzierten - Studie über Anknüpfungspunkte zwischen Grünen und Kindersexualität mit Erwachsenen justament eine knappe Woche vor den Wahlen an die Öffentlichkeit geht?

Da werden für alle ersichtlich alte Rechnungen mit einer ziemlichen Ruppigkeit beglichen, über die sich der - oft zu unverhohlener Arroganz und Schroffheit neigende - frühere Umweltminister nicht beklagen darf. Gestern wirkte er ungewohnt kleinlaut.

Unabhängig von Trittin: Was bislang fehlt, ist die gründliche gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Liberalisierungsphänomen, das ja schon in der Flower-Power-Phase Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts von den USA nach Europa schwappte. Seiner Partei hat Trittin keinen guten Dienst erwiesen.

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