Kommentar Griechenlandkrise am Tag danach: Wille und Weg

Es gibt Politikerfloskeln, die täuschen Alternativen nur vor. Etwa diese: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Auf das Griechenlandthema bezogen, heißt das: Nach dem Votum der Griechen gegen die europäischen Reformvorschläge bleibt nur der Weg aus dem Euro - der Grexit.

Daran ist, vor allem politisch, vieles richtig. Denn die Konsequenz aus dem griechischen Nein kann doch nicht im Ernst eine noch größere Kompromissbereitschaft der übrigen Euro-Staaten sein. Das ist dem jeweils eigenen Volk nicht zu vermitteln, und anderen Völkern schon gar nicht. Konkret: Es ist sehr zweifelhaft, dass Angela Merkel in ihrer Fraktion noch einmal eine Mehrheit für ein Hilfspaket für Griechenland erhalten würde. Und es ist ziemlich sicher, dass andere reformgebeutelte Staaten wie etwa Portugal sofort Kompensationsforderungen stellen würden, wenn dieses Hilfspaket doch zustande käme. Hinweise dieser Art von der politischen Linken in Lissabon gibt es bereits.

Das heißt: Mit dem Ergebnis des Referendums vom Sonntag ist die Lage deutlich schwieriger geworden. Und das bleibt auch dann so, wenn man einen Politiker wie den griechischen Finanzminister, der sich einfach nur nicht benehmen kann und allein deshalb seine Verhandlungspartner bis aufs Blut reizt, aus dem Verkehr zieht. Der Schrecken ohne Ende, den ein Verbleiben Griechenlands im Euro bedeutete, resultiert ja nicht aus persönlichen Antipathien, sondern aus einer wirtschaftlich wie politisch völlig verfahrenen Lage.

Aber der andere Teil der Alternative hat eben auch seine Tücken. Ein Ende mit Schrecken wäre Athens Austritt aus dem Euro gewiss nicht. Juristisch nicht, wirtschaftlich nicht und politisch schon gar nicht. Juristisch ist mit einem Rausschmiss - denn von selbst werden die Griechen ja nicht gehen wollen, was eine der Paradoxien der jetzigen Lage ist - das Ende des Liedes längst nicht gesungen. Da es den Grexit rechtlich nicht gibt, wird mit einer Klage und langjährigen Auseinandersetzungen zu rechnen sein. Wirtschaftlich stürzte der Grexit das Land noch stärker in die Krise, und die EU, deren Mitglied die Wiege der Demokratie ja wohl bleiben soll, würde ihm helfend unter die Arme greifen müssen. Und politisch wäre der Grexit der Anfang vom Bröckeln der Eurozone. Kein Signal, das Zusammenhalt und Stärke anzeigt. Das ist im Übrigen die größte Sorge der Austrittsgegner: dass die europäische Idee dadurch (noch mehr) Schaden nehmen könnte.

Kein Ende des Schreckens also, eher ein Schrecken ohne Ende. Bleiben nur zwei andere politische Weisheiten. Die eine predigt Angela Merkel immer wieder: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Also müssen Eurogruppe und EU die Frage beantworten, was ihr Wille ist. Denn danach folgt unweigerlich die Quadratur des Kreises. Die schnelle Lösung, die alles klärt, gibt es nicht. Der gordische Knoten ist auch gestern nicht durchschlagen worden.

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