Kommentar Griechenland - Nur eine Etappe

Griechenland - und kein Ende! Das ist genau genommen ja kein Stoßseufzer, sondern eine gute Nachricht. Griechenland bleibt bestehen als Mitglied der Eurozone - und damit auch die Beistandspflicht der EU, wenn man es ausnahmsweise einmal militärisch ausdrücken will. Athen wird geholfen, ein drittes Mal, diesmal mit bald 86 Milliarden. Und: Athen lässt sich helfen.

Aber so klar, wie dies seit der Zustimmung des Parlaments in Athen gestern morgen zu sein scheint, ist es nicht. Es bleibt kompliziert. Fallstrick Nummer eins: der Internationale Währungsfonds. Er ist - zum Beispiel für den Bundestag - zentraler Mitspieler bei den Griechenlandhilfen. Verweigert sich der Währungsfonds, wird es für Berlin ganz schwierig, denn - das darf man nicht vergessen - das neue Hilfsprogramm muss noch den Segen auch des deutschen Parlaments erhalten.

Der IWF aber stellt Bedingungen. Beispielsweise die, Athen Schuldenerlass zu gewähren, damit das Land überhaupt wieder Wachstumsimpulse entwickeln kann. Denn die sind bei den bisherigen Sparauflagen, insbesondere durch die Bundeskanzlerin und ihren Finanzminister, arg vernachlässigt worden. Dummerweise ist das, was der IWF will, genau das, was Merkel und Schäuble nicht wollen. Aber sie werden irgendwie wohl wollen müssen, wenn es nicht doch noch zum großen Eklat kommen soll. Also wird man mindestens zum Schuldenstrecken sich verständigen müssen. Kritiker werden das ein Verschieben der Rückzahlungen auf den Sankt Nimmerleinstag nennen - und damit haben sie weitgehend Recht.

Zurück nach Berlin, Fallstrick Nummer zwei: Die Hilfen für Athen hängen von der Parlamentszustimmung ab. Unionsfraktionschef Volker Kauder hat mit seiner rüden Drohung gegen die Abweichler diese Front nur gestärkt, erst recht wenn Kritiker diesen Abgeordneten Verantwortungslosigkeit unterstellen, wo sie doch nur ihrem Gewissen folgen.

Gewiss: Angela Merkel kann rechnerisch mit Dutzenden von Ablehnungen leben, weil die große Koalition über eine übergroße Mehrheit verfügt. Aber wenn die Stimmung in der eigenen Fraktion weiter deutlich kippt, ist das politisch für sie allmählich gefährlich. Noch hat Merkel nie zum Mittel der Vertrauensfrage greifen müssen.

Amtskollege Alexis Tsipras, Fallstrick Nummer drei, ist da weiter. Der viel gelobte Mann in Athen hat gestern das Spar- und Reformpaket nur mit den Stimmen der Opposition durch sein Parlament gebracht. Er wird deshalb noch diesen Monat die Vertrauensfrage stellen müssen. Zur Unzeit. Denn jetzt, da gerade europaweit Vertrauen in ihn wächst, wäre es paradox, wenn er zu Hause Abschied nehmen müsste. Das darf man nämlich nicht vergessen: All das, was er seinem Volk jetzt an Reformen und Sparschritten auferlegt, hat vor ihm keiner gewagt.

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