Kommentar G7-Außenministertreffen in Lübeck - Doppelte Moral

Vernagelte Fenster, 3500 Polizisten im Einsatz, eine abgesperrte Stadt: In Lübeck treffen sich die Außenminister der G7-Staaten und eine ganze Stadt rutscht in den Ausnahmezustand.

Während jede rechtsextreme Demonstration auf den aktiven Widerspruch des kritischen Bürgertums stößt, bleibt es rund um diese Ereignisse immer erstaunlich ruhig. Man nimmt es hin, dass mit Gewalt gedroht wird, der das Mäntelchen des angeblich notwendigen zivilen Ungehorsams umgehängt wurde.

Vertreter der Gewerkschaften sind wieder mit dabei. Öffentlicher Protest dagegen? Fehlanzeige! Es gibt ein paar Appelle, es doch bitte bei gewaltfreiem Protest zu belassen. Ansonsten überlässt man es der Polizei, die Sache zu regeln. Ihr wird schon im Vorfeld die Schuld an einer denkbaren Eskalation zugeschoben. Das nennt man wohl doppelte Moral.

Was die Demonstranten wollen, ist widersprüchlich und unklar. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihren Positionen lohnt sich kaum, weil sich außer einem unklaren linken Bauchgefühl kaum Greifbares finden lässt. G7 ist für sie offenbar eine Art kapitalistisches Markenprodukt.

Es sichert den Protestgruppen maximale Aufmerksamkeit, wenn sie rund um den Gipfel für Krawall sorgen. Dass sie ihrer Sache damit einen Bärendienst erweisen, scheinen sie nicht zu begreifen. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel, und das ist wirklich keine neue Erkenntnis.

Wäre die Welt eine bessere, wenn es das G7-Treffen nicht gäbe? Vermutlich nicht, denn es ist in jedem Fall notwendig, dass Regierungen sich verständigen, um akute Krisen zu lösen. Davon gibt es bekanntlich reichlich. Es geht um die Zukunft der Ukraine und der anderen Staaten in der Nachbarschaft Russlands. Es geht um das Verhältnis zu diesem mächtigen Land. Es geht um den Krieg im Nahen Osten und die Flüchtlingswellen.

All das demonstriert dem Westen, wie wackelig die Fundamente sind, auf denen Sicherheit und Wohlstand ruhen. Es geht um nichts weniger als Krieg oder Frieden. Kleinigkeiten können dazu führen, dass Situationen eskalieren. Das ist nicht im Interesse der Menschen und daher ist es sinnvoll, Positionen und Vorgehensweisen abzustimmen.

Die Russen sind nicht dabei. Das ist nach den Ereignissen in der Ostukraine und auf der Krim nachvollziehbar, sollte aber nur ein vorübergehender Zustand sein. Der Frieden in Mitteleuropa ist sicherer, wenn sie mit am Tisch sitzen. Isolation macht Staaten potenziell gefährlich. Nordkorea ist ein zugespitztes, aber eindrückliches Beispiel. Es wäre daher ein Fehler, Russland auf Dauer auf Distanz zu halten. Da ist es gut, wenn der Gesprächsfaden nicht reißt, so wie ihn Steinmeier spinnt.

G7 wollen die Demonstranten nicht. Was aber könnte stattdessen helfen? Eine Antwort bleiben die Protestler schuldig.

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