Kommentar Frankreichs neue Regierung: Vorbildlich

Seit François Hollande vor mehr als einem Jahr in Frankreich seine Präsidentschaftskandidatur angekündigt hat, daraufhin unermüdlich Wahlkampf machte und schließlich Nicolas Sarkozy übertrumpfte, kennzeichnet größte Vorsicht jede seiner Handlungen.

Obwohl seit langem Favorit in allen Umfragen, wollte er den Sieg bis zuletzt nicht vorwegnehmen. Und auch jetzt bei der Bildung seines Kabinetts agiert er umsichtig; bereits mit der Wahl des moderat-pragmatischen Jean-Marc Ayrault zum Premierminister.

Alle Parteiströmungen und sogar die Grünen als Bündnispartner sind vertreten, Vertraute ebenso wie langjährige Rivalen, Veteranen sitzen neben Nachwuchspolitikern und 17 der 34 Regierungsmitglieder sind Frauen.

Die Zusammensetzung ist damit ebenso vorbildlich wie der erste Beschluss: Die Senkung des eigenen Gehalts für den Staatschef und alle Minister um 30 Prozent. Kritiker mögen das als reine Symbolpolitik bezeichnen - es bleibt der Eindruck eines guten Startes dieses neuen Präsidenten, der seine Ankündigung eines Stilwechsels ernst meint.

Die meisten Wähler in Frankreich haben für Hollande gestimmt, weil sie Sarkozy abwählen wollten. Umso legitimer erscheint es, dass er sich weiterhin als totales Gegenbild zu seinem Vorgänger stilisiert, der sich nach seiner Wahl 2007 erst einmal das eigene Gehalt um 170 Prozent erhöht hatte.

Auch das galt als Symbol, das ihn noch fünf Jahre später hinunterzog. Wie schwer die ersten Amtshandlungen wiegen können, hat der Sozialist begriffen.

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