Kommentar zu Syrien Faustischer Pakt

Washington · Dass Amerika im Irak Saddam Hussein und in Libyen Muammar al-Gaddafi von der Macht vertrieb, hält der neue US-Präsident für einen verhängnisvollen Fehler. Er sah sie als Stabilitätsanker. Über Syrien denkt Trump ähnlich.

 US-Präsident Donald Trump hat kein Problem damit, dass Baschar al-Assad in Syrien weiterregiert.

US-Präsident Donald Trump hat kein Problem damit, dass Baschar al-Assad in Syrien weiterregiert.

Foto: AFP

Ausgerechnet da, wo auch bedingt durch amerikanische Dauer-Zauderei zu Zeiten Barack Obamas Hunderttausende im Bürgerkrieg ihr Leben ließen, hat Baschar al-Assad aus Washington ab sofort nicht mehr viel zu befürchten. Trump und seine Generäle wollen allein das Terror-Netzwerk Islamischer Staat (IS) zerstören. Der Diktator darf bleiben. An einem Tag, an dem in Syrien ein Krankenhaus mit Giftgas-Opfern bombardiert wird, stößt diese Nachricht besonders übel auf.

Trump hat das Erklären der Kehrtwende – unter Obama war ein Post-Bürgerkriegs-Damaskus mit Assad undenkbar – bisher Untergebenen überlassen. Die aber senden widersprüchliche Signale. UN-Botschafterin Nikki Haley wirbt dafür, die „Realität“ anzuerkennen. Obwohl sie Assad für einen „Kriegsverbrecher“ hält, der seinen Landsleuten „Abscheuliches“ angetan habe. Außenminister Rex Tillerson betont dagegen, dass allein die Syrer über die Zukunft ihres Landes zu entscheiden hätten. Also auch über die von Assad.

Washington stellt damit dem größten Schlächter im Nahen Osten nachträglich einen Freibrief aus, der andere Despoten ermutigen wird. Assads Bündnisgenossen Russland und Iran dürfen sich als Mit-Sieger in Syrien fühlen und ihre Einflusszonen in dem geschundenen Land auf perfide Weise ausbauen. Für die republikanischen Kongress-Urgesteine John McCain und Lindsey Graham geht Präsident Trump einen „faustischen Pakt“ ein. Assad auch nur indirekt Legitimation zu verleihen, ignoriere dessen jahrelanges Morden und mache Amerika zum „Komplizen“.

Der Drang nach kurzfristigen militärischen Erfolgen gegen den IS verschleiert die Brisanz der Fragen, die danach kommen. Was macht Donald Trump mit einem erstarkten Iran, der für Assad das blutige Geschäft betreibt, um seine Karten im Streit mit Saudi-Arabien über die Vorherschaft in der Region zu verbessern? Und wie will der Präsident verhindern, dass aus der Asche des IS ein neuer Terrorableger wächst, der sich in zerstörerischer Absicht des ewigen Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten bemächtigt?

Trump hat bei Amtsantritt eine Strategie versprochen, die an die Stelle der „strategischen Geduld“ treten soll, die Obama praktizierte. Davon ist bis heute nichts zu sehen. Leiden werden darunter wie immer am meisten jene, die sich nicht wehren können: Zivilisten.

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