Kommentar Europäischer Rat - Gipfel ohne Höhepunkt

Brüssel · Genau das hatte die Bundeskanzlerin befürchtet: Die Krise geht, die Unlust auf große europäische Vertragsveränderungen wächst. Schon ist wieder Abwarten und Verschieben angesagt. Lust auf politisch schwierige und vor allem unpopuläre Reformen hat derzeit kaum einer der Staats- und Regierungschefs.

Wohl auch, weil man befürchtet, den rechten und EU-kritischen Gruppierungen bei der Europawahl weitere Wähler in die Arme zu treiben. Dabei lohnt ein genauer Blick auf das, was da auf dem Tisch liegt.

Das ist nämlich keineswegs ein Grundlagenvertrag für die Errichtung der Vereinigten Staaten von Europa, sondern ein ökonomisch durchaus vernünftiger Ansatz, um die Faktoren, die die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen, zu harmonisieren. Sogar ein Bonus ist für den geplant, der ernsthaft mitmacht. Doch nun sollen die Architekten der künftigen Wirtschaftsunion erst noch einmal ran und bis Oktober 2014 ihren Bauplan überarbeiten. Dann gibt es einen neuen Ratspräsidenten, einen frischen Kommissionschef und ein neues Parlament. Und viel Hoffnung, dass mehr Begeisterung für die Vision einer Währungsunion aufkommt, die endlich auch wirtschaftlich zusammenwächst.

Dieser EU-Gipfel gehört sicher nicht in die Reihe der großen europäischen Erfolge. Nahezu alle Vertreter der Mitgliedstaaten haben sich als Fürsprecher der nationalen Anliegen präsentiert, der Drang zu Gemeinsamkeit war kaum zu spüren. In dieser Situation entpuppt sich das Europäische Parlament unter seinem konfliktfreudigen Präsidenten Martin Schulz als wichtigster Bewahrer des Einigungsgedankens.

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