Kommentar Ein Muster von Courage
Rhetorisch geschliffen, inhaltlich bemerkenswert. Jürgen Nimptsch hat mit seiner Rede am Samstag Maßstäbe gesetzt. Umso bedauerlicher war es, dass die Zahl der Zuhörer, gemessen an der Gesamtbevölkerung, nur im niedrigen Promillebereich lag.
Cafés und Geschäfte erschienen vielen interessanter. Der OB beschwor das Idealbild einer friedliebenden und sicheren Stadt, in der Alt- und Neubürger einander hilfsbereit zur Seite stehen und Feinde des Gemeinsinns entlarvt und entwaffnet werden. Wer würde das nicht unterschreiben?
Nahezu uneingeschränkte Anerkennung dürfte sich Nimptsch bei den Bonnern erwerben, indem er sein an mancher Stelle zugespitztes, insgesamt aber zielsicheres Manuskript jetzt nicht wegwirft. Denn seine Ansprache ließe sich, nur leicht verändert, bei einer anderen Gelegenheit gut wiederverwenden.
Wo waren sie denn? Die Menschenketten, die Trillerpfeifen, die Aktivisten, der Oberbürgermeister, die Vertreter der Ratsfraktionen, die Kirchen etc., die zu Recht regelmäßig Freiheit und Toleranz gegen Angriffe von Rechts verteidigen - so fragte im Dezember jemand in einem GA-Leserbrief, nachdem ein berüchtigter Salafistenprediger in Tannenbusch vor 250 Anhängern seine Botschaften verbreitet hatte, die viele Bonner ebenfalls beängstigen.
Die Chance, sich auch dort gegen Hetzer und Scharfmacher verbal querzustellen, wurde seinerzeit vertan. Es wird weitere Gelegenheiten geben. Dabei ließe sich dann zugleich der These begegnen, dass Radikale auch vom Wegducken der etablierten Kräfte vor unbequemen Themen profitieren. Das solide Gerüst für eine unverblümte Rede des Stadtoberhauptes steht jedenfalls schon.
Ach ja: Oft war am Wochenende von Respekt die Rede. Sicherheit sowie die Ausübung von Meinungs- und Versammlungsfreiheit gewährten einmal mehr die zumeist sehr jungen Polizisten - und Polizistinnen - im Wochenendeinsatz. Respekt!