Kommentar Die Rede des Bundespräsidenten - Gaucks Möglichkeiten

Es war eine wohldurchdachte Rede des Bundespräsidenten. Joachim Gauck kennt die frustrierte und verärgerte Stimmung in der Bevölkerung, bei der die Finanzkrise inzwischen tiefe Spuren hinterlassen hat. Man glaubt zwar an die Krisenkanzlerin Angela Merkel. Aber die Zweifel werden immer bohrender, ob die Rettungsversuche am Ende nicht scheitern werden.

15 Monate vor den Europawahlen , so schwant es Gauck, sei es höchste Zeit, für den Europäischen Gedanken einzutreten. Deshalb seine Rede, die die gegenwärtigen Probleme durchbuchstabiert hat. Das Lob dafür war jedenfalls parteiübergreifend.

Dennoch könnte Gaucks Rede schnell in Vergessenheit geraten. Dies hängt stark mit der europapolitisch starken Stellung der Kanzlerin zusammen. Es ist die Stunde der Pragmatiker, die hinter dem Brüsseler Vorhang Lösungen erarbeiten, die sich jeder öffentlichen Kontrolle entziehen. Das Misstrauen in der Gesellschaft gegenüber der EU wird stärker. Und es wird noch weiter wachsen.

Der Bundespräsident hat gestern leider eine Gelegenheit verpasst, in einer weiteren verhärteten Debatte Druck zu machen: Es geht um den beabsichtigten EU-Beitritt der Türkei, der von der CDU/CSU massiv abgelehnt wird.

Sicher: Joachim Gauck hätte mit einer offenen Unterstützung des Beitrittswunsches die Kanzlerin Angela Merkel desavouiert. Aber er hätte auch eine Debatte befördert, die die deutsche Innenpolitik in erhebliche Wallung versetzt hätte.

So weit wollte der Bundespräsident nicht gehen. Noch nicht?

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