Kommentar Die Mandate für den Mali-Einsatz - Kein Spaziergang

BERLIN · Man beachte die "Einsatzschwelle". Das ist höchstrichterlich gesprochen jene Grenze, ab der nach dem Urteil der Bundesverfassungsrichter der Bundestag gefragt werden muss, bevor deutsche Soldaten in den Auslandseinsatz geschickt werden. Für Mali ist sie absehbar erreicht.

Erstens sollen deutsche Soldaten in dem westafrikanischen Land, dessen Norden von radikalen Islamisten erobert worden war, im Rahmen einer EU-Mission afrikanische Truppen ausbilden, auf dass diese eines Tages Mali selbst stabilisieren können. Und zweitens soll die Bundeswehr beim Lufttransport dieser Truppen helfen sowie französische Kampfjets in der Luft betanken. Damit befindet sich die Bundeswehr bei ihrer Unterstützermission in Mali selbstredend in einem Einsatz. Ein Fall für den Bundestag. Zwei Mandate, zweimal namentliche Abstimmung, zweimal gestern breite Mehrheit für den Einsatz mit insgesamt bis zu 330 Soldaten.

Auch Mali wird kein Spaziergang. Und auch für diesen Einsatz darf angenommen werden, dass er länger dauern wird als nur bis zum Ende dieser ersten Mandate, die Ende Februar 2014 auslaufen. Die Abgeordneten des Bundestages dürfen sich darauf einstellen, dass sie in einem Jahr zumindest die Ausbildungsmission für eine reichlich unorganisierte und eine schlecht ausgerüstete wie ausgebildete malische Armee verlängern müssen.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) verantwortet damit einen weiteren Auslandseinsatz außerhalb des NATO-Gebietes. Zuletzt hatte er mit Kritik an der eigenen Truppe aufhorchen lassen, als er die angebliche Gier von Soldaten nach Anerkennung ansprach. Ein Satz, der in der Truppe Kopfschütteln provoziert hat. Selbst wenn der Verteidigungsminister in Teilen recht hätte, ist eine solche Aussage wegen ihrer psychologischen Wirkung schwierig, weil sie einen Kern trifft, der wiederum über den Erfolg von Einsätzen mitentscheidet: die Motivation.

"Wir. Dienen. Deutschland." Mit diesem Slogan wirbt die neue Bundeswehr für sich. Nicht immer schaffen Dienstherr und Bedienstete den Gleichschritt. Und manchmal zeigen Einzelfälle, dass auch eine rechtsstaatlich aufgestellte Armee Defizite offenbart, wenn auf einem deutschen Schnellboot Untergebene ihren Vorgesetzten fesseln und mit Farbe beschmieren, wie jetzt im Libanon-Einsatz geschehen.

Afghanistan, Horn von Afrika, Kenia, Kongo, Libanon, Türkei oder jetzt Mali. Die Zahl der Auslandseinsätze wächst. Die Mittelmacht Deutschland kann und will sich nicht mehr wie zu früheren Zeiten aus der Verantwortung kaufen. Dabei hat Deutschland bei jedem Einsatz die Wahl: Es kann "Ja" und es kann "Nein" sagen. Militärisch ist ein "Nein" fast immer leichter. Politisch ist es das nicht.

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