Kommentar Deutschland und der Krieg in Mali - Geprüfte Solidarität

Mali in Westafrika. Nur eine Landesgrenze weiter beginnt mit dem Flächenriesen Algerien der Mittelmeerraum.

Spätestens hier eröffnet sich europäisches Interessengebiet. Mali in Westafrika liegt bei einem Blick durch das sicherheitspolitische Brennglas relativ nah an Europa, jedenfalls näher als gefühlt. Wenn Islamisten den an Algerien grenzenden Norden des Landes erobern, kann es Europa nicht egal sein. Schon einmal hatte die Staatengemeinschaft ein Land aus ihrem Kreis vergessen: Afghanistan. Die Folgen sind seit dem 11. September 2001 bekannt.

Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande hat die Lage im instabilen Mali mit aller Konsequenz analysiert und entsprechend gehandelt, als er den Befehl für den Kriegseinsatz in Mali gab. Seither fliegt die französische Luftwaffe Angriffe auf Stellungen der Islamisten.

Während die einstige Kolonialmacht Frankreich in ihrem früheren afrikanischen Hinterhof militärisch agiert, bekunden europäische Partner, darunter Deutschland, ihre Solidarität. Oder unterstützen bereits. Wer daran gezweifelt hatte, wird bald den Beweis des Gegenteils erfahren: Der nächste Einsatz deutscher Soldaten kommt bestimmt, und wenn es eine EU-Ausbildungsmission unter deutscher Beteiligung für die regulären, aber schlecht trainierten malischen Streitkräfte ist.

Schon richtig: Frühere Kolonialstaaten wie Frankreich oder Großbritannien haben auch militärisch ein anderes Selbstverständnis als Deutschland. Im Zweifel lassen Paris oder London dann eben doch Truppen marschieren, ihre Luftwaffe Angriffe fliegen oder schicken ihre Marine (siehe Falkland-Inseln) über die Weltmeere. Im Falle des Libyen-Einsatzes vor zwei Jahren bildeten Frankreich und Großbritannien gar die Speerspitze des Einsatzes gegen Machthaber Muammar al-Ghaddafi. Deutschland leistete sich damals eine kaum erklärliche Enthaltung im UN-Sicherheitsrat.

Im Falle Malis wird sich Deutschland nicht wieder enthalten. Bislang sprechen Außenminister Guido Westerwelle und Verteidigungsminister Thomas de Maizière zwar noch davon, deutsche Militärhilfe, darunter womöglich auch Unterstützung für den Truppen- und Materialtransport, "prüfen" zu wollen.

Doch mit der Eindeutigkeit, mit der sie den französischen Kampfeinsatz gutheißen, sind sie in der Pflicht, auch einen eigenen Beitrag zu liefern. Die Militärhilfe verlangt Deutschland nach allem, was vorhersehbar ist, kein allzu großes Risiko ab, ebenso wenig wie der deutsche "Patriot"-Einsatz an der türkisch-syrischen Grenze. Das Gebot der militärischen Zurückhaltung priorisiert die politische Lösung, ohne die es in den meisten Konflikten ohnehin nicht geht. Das ist absolut richtig. Aber permanent ist kaum durchzuhalten, dass Deutschland sich zurückhält, während EU- und Nato-Partner an vorderster Front operieren.

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