Kommentar Der Fall Edathy - Rechtsbrüche

Es ist etwas faul im Rechtsstaat Deutschland. Er wird - Beispiel NSA - von außen, noch dazu durch befreundete Nationen ausgehöhlt. Er wird aber auch von innen hohl. Die Privatsphäre des Bürgers ist, wenn das so weiter geht, bald nichts mehr wert. Die Unschuldsvermutung auch nicht.

An den Pranger gehören dabei nicht in erster Linie die Medien - einige von ihnen ganz bestimmt auch -, sondern staatliche Institutionen. Die Fälle häufen sich, in denen prominente Bürger den Schutz dieser Privatsphäre verlieren, weil sie prominent sind und weil Beschäftigte staatlicher Institutionen ihre Verschwiegenheitspflicht verletzen. Das ist so wenig ein Kavaliersdelikt wie Steuerhinterziehung.

Der jüngste Fall, der Fall des - man muss jetzt sagen: früheren - Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy, ist ein besonders schwerwiegender Fall, weil als Gerücht der Verdacht der Kinderpornografie im Raum steht. Edathy hat in seiner Not den Vorwurf selbst zum Thema gemacht, indem er ihn dementiert hat. Er hat das Licht der Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, weil er als Bundestagsabgeordneter "aus Gesundheitsgründen" zurückgetreten ist, als seine Karriere gerade einen ersten Höhepunkt erreicht hat. So weit, so ungeschickt.

Aber es darf nicht sein, dass dies ein Freibrief dafür wird, den Schutz der Privatsphäre gegen null gehen zu lassen. Irgendjemand in oder im Umfeld der ermittelnden Behörden muss Medien den Hinweis auf den Fall Edathy gegeben haben. Weil er sich wichtig machen will, aus politischen Gründen (schließlich hat Edathy im Fall der rechtsextremen NSU unerbittlich untersucht) oder aus was für Gründen auch immer. Ein anderer Irgendjemand hat sich des Falles Uli Hoeneß bemächtigt, ein anderer des Falles Alice Schwarzer. Und und und. Es ist quasi zum Volkssport geworden, die Privatsphäre nicht zu achten. Das gilt übrigens auch für Teilaspekte des Falles Christian Wulff.

Noch unerträglicher werden diese Vorgänge, wenn Sebastian Edathy mit der Anmerkung recht hat, dass man ihm keine strafbaren Handlungen vorwirft. Dann spricht vieles dafür, dass der öffentliche Wirbel um die Durchsuchungen und die Durchsuchungen selbst unverhältnismäßig waren und im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen stehen. Deshalb ist es gut, dass Niedersachsens Justizministerin ihrer Aufsichtspflicht nachkommt.

Vollends zur Farce wird im vorliegenden Fall die Unschuldsvermutung. Die Vermutung, dass "da schon etwas dran sein wird", obsiegt. Auch durch das auffällige Verhalten von Edathys Parteifreunden. Niemand springt ihm zur Seite, niemand stützt ihn. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung haben Beschuldigte als unschuldig zu gelten. Edathy ist noch nicht einmal angeklagt. Im Zweifel für den Angeklagten? Es war einmal...

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