Kommentar zur Ansprache von Angela Merkel Der Ernstfall

Meinung | Berlin · Zum ersten Mal in ihren 15 Jahren als Bundeskanzlerin hat Angela Merkel außerhalb ihrer Neujahrsansprache im Fernsehen zur Nation gesprochen. Sie stellt klar, dass diese Krise ernst ist, kommentiert unser Autor.

   Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Aufzeichnung ihrer Fernsehansprache im Bundeskanzleramt zum Verlauf der Corona-Pandemie.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Aufzeichnung ihrer Fernsehansprache im Bundeskanzleramt zum Verlauf der Corona-Pandemie.

Foto: dpa/Steffen Kugler

Jetzt muss es jede Bürgerin und jeder Bürger, ja, jetzt muss es das ganze Land verstanden haben. Diese Krise ist ein Ernstfall. Angela Merkel, die erstmals in 15 Jahren ihrer Zeit als Bundeskanzlerin außerhalb ihrer routinemäßigen Neujahrsansprache via Fernsehen zur Nation gesprochen hat, lässt an der Dimension keinen Zweifel. Es ist die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg. Diese Krise ist existenziell, weil sie Gesundheit und Leben von Millionen Menschen allein hierzulande bedrohen kann.

Deutschland sieht sich ebenso wie Europa und die restliche Welt der Verbreitung des aggressiven Coronavirus ausgesetzt, die ohne Beispiel ist. Die nächsten Wochen werden entscheiden, ob es gelingt, die Ausbreitung soweit zu verlangsamen, dass das deutsche Gesundheitssystem in der Lage sein wird, Kranke und Schwerkranke adäquat und somit lebenserhaltend zu betreuen. Dafür ist unerlässlich, die Zahl der Infizierten so niedrig wie möglich zu halten.

Merkels Ansprache an die Nation ist ein dringender, vermutlich ein letzter Appell an die Vernunft. Der nächste Schritt wäre unvermeidlich eine Ausgangssperre. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat es ebenso drastisch wie verständlich formuliert: Es geht um Leben und Tod. Der Angreifer ist unsichtbar. Die Bundesregierung verordnet Distanz bei sämtlichen sozialen Kontakten, für manche schwer verständlich, aber unerlässlich. Wer seine Familie, seine Freunde, seine Liebsten schützen will, muss sich bis auf weiteres von allen Kontakten fernhalten, die nicht absolut notwendig sind.

Merkel stellt klar: Es ist ernst. Die Bürgerinnen und Bürger sollen und müssen verstehen, dass diese Zeiten außerhalb der Normalität sind. Nichts ist wie es war. Und so wird es eine ganze Weile auch bleiben. Die Corona-Krise wird nicht in drei Wochen vorbei sein, wahrscheinlich auch nicht in drei Monaten. Womöglich muss das öffentliche Leben sehr lange eingeschränkt bleiben. Merkels Ansprache ist auch ein Appell an Moral, an Durchhaltewillen, an Solidarität, an Hilfsbereitschaft, an ein Zusammenstehen in der Krise. Und an die Vernunft.

Dazu gehört auch, dass man nicht allen Nachrichten in sozialen Netzwerken ungeprüft glaubt. In diesen Tagen erfreuen sich allerlei Geister in der Anonymität des weltweiten Netzes daran, Unruhe zu stiften mit Verschwörungstheorien und der Verbreitung kruder Meldungen etwa über eine angebliche Lebensmittelknappheit. Man sollte sie nicht mit Aufmerksamkeit belohnen. Diese Leute werden ihre abstrusen Wetten gegen den Staat verlieren. Es ist genau jener Staat, der auch sie, der uns alle schützt. Aber wir alle müssen dabei mitmachen.

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