Kommentar Das Duo Merkel/Steinmeier - Im Gleichschritt

Das Lob kam von unverdächtiger Seite. An diesem Mittwoch wird die schwarz-rote Bundesregierung 100 Tage im Amt sein. Jawohl, es hat zwischen Union und SPD schon gekriselt, und zwar gehörig, wenn man die Edathy-Affäre und den folgenden Vertrauensschwund in der Koalition betrachtet.

Doch ein gewisser Joschka Fischer, als früherer Außenminister aus rot-grünen Zeiten der Parteinahme für Angela Merkel unverdächtig, hat jetzt in der Ukraine- und Krim-Krise die Europapolitik der Bundeskanzlerin gewürdigt. Fischer aus dem Off erteilt Merkels Weg in Europa einen Segen. Das heißt schon was.

Merkel wird auch heute beim Gipfel für nukleare Sicherheit in Den Haag, an dessen Rande wegen der Krim-Krise gleich noch ein G7-Treffen (G8 minus Russland) angesetzt ist, eine der zentralen Figuren sein. Dass Deutschland in dieser wirklich kritischen Situation für den europäischen Kontinent so geschlossen auftritt und sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale werfen kann, ist auch das Verdienst von Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

Der SPD-Politiker ist seit Wochen in unermüdlicher Krisenmission unterwegs. Oft genug mit leider frustrierendem Ergebnis, was nicht an Steinmeier liegt, sondern an den bislang unversöhnlichen Standpunkten der Gegner in diesem Konflikt. Merkel und Steinmeier jedenfalls ergänzen sich in dieser Phase beinahe kongenial. Nicht ohne Grund hat die Kanzlerin die Vermittlungstour ihres Außenministers in ihrer Regierungsklärung vor zehn Tagen explizit hervorgehoben.

Selbstverständlich, es gibt da noch einen Vizekanzler. Auch Sigmar Gabriel war in aktiver Krisenvermittlung unterwegs, empfangen vom russischen Präsidenten Wladimir Putin. Doch aktuell setzen Kanzlerin und Außenminister die deutschen Akzente in Europa. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Lage in der Ukraine mit der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland nach außen einfach schwerer wiegt als die Mindestlohndebatte oder der Renteneintritt mit 63.

Merkel hat sich in den ersten 100 Tagen ihrer neuen Regierung mit Positionierungen zu strittigen Fragen der Innenpolitik zurückgehalten. Sie überlässt es in präsidialer Manier den Fachressorts, sich über Gesetzentwürfe zu zanken und sich schließlich zu einigen. Die Lösungen wird Merkel präsentieren.

Die nächsten Wahlen sind die zu Europa am 25. Mai. Der Gleichschritt des Duos Merkel/Steinmeier wird spätestens hier unterbrochen, auch wenn sie das Ziel eines friedlichen, vereinten Europas verbindet. Merkel will Jean-Claude Juncker als Spitzenkandidat der Europäischen Volksparteien zum Kommissionspräsidenten machen. Steinmeier und Gabriel wollen den Sozialdemokraten Martin Schulz auf diesen Posten heben. Wahlkampf ist eben Wahlkampf. Eine erste Probe für 2017.

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