Kommentar Bundeshaushalt - Schwarze Null

Hans Eichel (SPD) hat es vergeblich versucht. Peer Steinbrück (SPD) hat es sich vorgenommen und ist gescheitert. Wolfgang Schäuble (CDU) ist nun der dritte Finanzminister innerhalb von 15 Jahren, der sich an die Aufgabe macht, im Haushalt des Bundes schwarze Zahlen zu schreiben.

Er ist nahe dran, das Ziel mit dem Bundesetat 2015 zu erreichen. Zur Krönung seines Lebenswerkes möge es dem Architekten der deutschen Einheit gelingen, auch noch als der Finanzminister in die Geschichtsbücher einzugehen, der nach mehr als 40 Jahren ruinöser Schuldenmacherei die Wende vollzieht.

Freilich, noch ist es zu früh, die Sektkorken knallen zu lassen. Noch steht der Etat nur auf dem Papier. Bis Ende 2015 kann noch viel passieren. Die EU-Schuldenkrise scheint zwar unter Kontrolle, ein Aufflammen ist aber nicht ausgeschlossen. Keine Frage: Schäuble hatte Fortune.

Wegen der niedrigen Zinsen kommt er günstig beim Schuldendienst weg. Die Wirtschaft profitiert vom billigen Geld, kann kräftig investieren und schafft viele neue Jobs. Dadurch wird das Wirtschaftswachstum angekurbelt, die Steuereinnahmen sprudeln, und die Sozialkassen sind gut gefüllt. Doch: Auch Schäuble hat nie richtig gespart. Er hat vielmehr die hohen Steuermehreinnahmen Jahr für Jahr eingesetzt, um die Neuverschuldung herunterzufahren. All dies aber soll seinen Erfolg nicht schmälern.

Aber: Wirtschaftspolitisch lebt diese Bundesregierung von der Substanz. Sie profitiert von Strukturreformen, die Rot-Grün vor bald einem Jahrzehnt in der Arbeitsmarktpolitik und in der Steuerpolitik eingeleitet hat. Nur: Die große Koalition hat bislang wenig dafür getan, dass die Zukunftsaufgaben erledigt und die Voraussetzungen für ein längerfristiges Wirtschaftswachstum geschaffen werden.

Schlimmer noch: Sie hat mit dem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn und mit einer beispiellosen Ausweitung der Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung dafür gesorgt, dass Jobs im Niedriglohnbereich in Gefahr geraten und die Sozialabgaben steigen.

Nun ist es dringend angezeigt, dass in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode Entscheidungen gefällt werden, die wieder in die richtige Richtung gehen. Die Investitionsquote des Staates ist viel zu niedrig, für Straßen und Schienen müssten Milliarden im Jahr zusätzlich ausgegeben werden.

Vor allem aber wäre es angezeigt, endlich die heimlichen Steuererhöhungen über die kalte Progression, die Jahr für Jahr Milliarden zusätzlich in die Kassen des Fiskus spülen, auszugleichen und den Steuertarif zu ändern. Damit würden sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, von denen viele in den letzten Jahren Einbußen bei ihren zur Verfügung stehenden Einkommen hinnehmen mussten, und Familienunternehmen endlich einmal entlastet.

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