Kommentar zu den Brexit-Verhandlungen Neue Hoffnung

Brüssel · Der Premierminister will den Brexit, aber er braucht tatsächlich die EU, um größeren innenpolitischen Schaden zu verhindern. Die Gespräche zwischen Johnson und dem irischen Premierminister Varadka seien Grund für eine neue Hoffnung - aber auch nicht mehr, kommentiert GA-Korrespondent Detlef Drewes.

 Symbolbild.

Symbolbild.

Foto: AP/Francisco Seco

Ein Freitag macht noch lange keinen Durchbuch. Dass der britische Premierminister Boris Johnson nicht bei den offiziellen Verhandlungen über ein Abkommen zum Austritt seines Landes aus der EU konstruktive Signale aussandte, passt zum Bild. Bis zur letzten Minute lässt der britische Regierungschef keine Gelegenheit aus, um Freund und Feind zu brüskieren. Nun wählte er offenbar einen Nebenschauplatz bei einem Treffen mit seinem irischen Nachbarn Leo Varadkar, um so etwas wie einen neuen Ansatz einzubringen.

Schließlich würde es Johnson zum einen erlauben, sich zu Hause als derjenige zu profilieren, der den Brexit zur Zufriedenheit aller möglich gemacht hat. Zum anderen muss er nicht vor dieses "Tribunal" der EU-Staats- und Regierungschefs treten und dort einknicken. Johnson wird den Kompromiss, wenn er denn zustande kommt, als Vereinbarung unter Nachbarn darstellen. Doch solche Spielereien dürfen der EU letztlich egal sein, wenn nur die Katastrophe eines Bruchs mit London ohne Deal abgewendet wird.

Der Premierminister will den Brexit, aber er braucht tatsächlich die EU, um größeren innenpolitischen Schaden zu verhindern. Die irische Grenzfrage kann und darf man nicht lapidar als Nebensache behandeln. Zum einen, um den Frieden in der Region nicht zu riskieren. Zum anderen, um kein Vorbild für andere Regionen wie Schottland zu schaffen, die nur auf eine Vorlage warten, um ihre Autonomiebestrebungen wieder aufleben zu lassen.

Briten und Europäer sitzen also weiter an einem Tisch - das ist die gute Nachricht. Die Zeit läuft ihnen davon - das könnte heilsam sein. Aber für mehr als nur eine bange Hoffnung gibt es noch keinen Grund.

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