Kommentar zur Vierschanzentournee Bester Freund
Severin Freund nickt anerkennend. In diesem Moment, als die Siegweite von Peter Prevc an der Anzeigetafel in Innsbruck aufleuchtet, spiegelt sich die Persönlichkeit des 27-Jährigen aus dem Bayerischen Wald, seine ganze Klasse.
Neidlos erkennt Freund die Überlegenheit von Prevc bei der Vierschanzentournee an. Der Slowene ist auf dem extrem hohen Niveau, das die beiden überragenden Skispringer erreicht haben, einen Schritt voraus.
Freund ist ein großer Sportsmann, kein Wundermann. Deshalb wird sein Traum vom ersten deutschen Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee seit 14 Jahren auch nicht in Erfüllung gehen. Knapp 20 Punkte Rückstand vor dem Abschlusswettbewerb in Bischofshofen: Das ist zu viel, die kann er selbst dann nicht wettmachen, wenn ihm wie bei seinem Auftaktsieg in Oberstdorf glücklichere Windbedingungen Flügel verleihen.
Freund wäre der letzte, der Prevc einen Absturz wünscht. So wie er selbst ihn beim Einspringen in Innsbruck wegstecken musste. Geschaut, ob Hals und Nacken okay sind, dreimal geschüttelt, und wieder durchgestartet. Das war symptomatisch für den besten Freund, den es je gab. Rückschläge hat er schon immer weggesteckt wie nur wenige: Unter anderem Bandscheibenvorfall und Rücken-OP 2012.
Der Weltmeister von der Großschanze hat seine Skiführung verbessert, stellt die Bretter nicht mehr so weit nach außen wie einst, hat einen neuen Stil geprägt. Festigt Freund am Mittwoch Platz zwei in der Gesamtabrechnung, dann ist er nicht erster Verlierer, sondern Sieger. Der gewonnen hat an Selbstbewusstsein, an Lockerheit. An der Fähigkeit, Emotionen zu zeigen. Bislang hat Freund eine Stufe nach der anderen auf der Erfolgsleiter genommen.
Jetzt hat sie nur noch eine Sprosse nach oben. Arbeitet er so geduldig und akribisch weiter wie bisher, wird er diese in der Zukunft auch noch nehmen.