Kommentar zu Andreas Scheuer Angezählter Verkehrsminister

Meinung | Berlin · Andere Politiker sind auch schon für geringere Fehler zurückgetreten. Ob sich Verkehrsminister Andreas Scheuer allerdings weiter im Amt halten kann, ist seit Donnerstag fraglicher geworden. Denn der Maut-Untersuchungsausschuss macht Druck, das Debakel nicht weiter auszusitzen.

 Für Verkehrsminister Andreas Scheuer könnte es eng werden.

Für Verkehrsminister Andreas Scheuer könnte es eng werden.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Verkehrsminister Andreas  Scheuer (CSU) klebt an seinem Stuhl. Dabei ist Scheuer dafür verantwortlich, dass Steuergeld in dreistelliger Millionenhöhe – manche in der Opposition schätzen den Schaden sogar auf bis zu eine Milliarde Euro – verloren ging, weil die deutsche Pkw-Maut am 18. Juni spektakulär vor dem Europäischen Gerichtshof gescheitert ist. Ob sich Scheuer allerdings weiter im Amt halten kann, ist seit gestern fraglicher geworden: Mit den Stimmen aller vier Oppositionsparteien hat der Bundestag am Donnerstag den Weg für einen Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut freigemacht.

Der Ausschuss hat vor allem politische und weniger aufklärerische Bedeutung: Er bringt Scheuer und CSU-Chef Markus Söder unter Druck, endlich die Konsequenzen aus dem Maut-Debakel zu ziehen und sie nicht weiter auf skandalöse Weise auszusitzen.

Denn es brauchte ja eigentlich gar keinen Untersuchungsausschuss mehr, um festzustellen, dass Scheuer Ende 2018 einen folgenschweren Fehler gemacht hat, indem er die Maut-Verträge einfach voreilig unterschrieb, ohne wirklich sicher sein zu können, dass die Rechtsgrundlage dafür gegeben war. Dabei war selbst juristischen Laien klar, dass die CSU-Maut gegen den in der EU geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt, weil de facto nur Ausländer sie bezahlten sollten.

Jahrelang hatte die Bayern-Partei durch ihre verbohrte Haltung in der Maut-Frage die Bundesregierung zu dieser Quadratur des Kreises gezwungen – und dadurch Ressourcen in der Verkehrspolitik unnötig gebunden, die anderswo besser eingesetzt worden wären, etwa bei der Planung von neuen Straßen, Schienenwegen oder Brücken.

Doch Scheuers Vorgänger Alexander Dobrindt hat in der vergangenen Legislaturperiode lieber vier Jahre nichts anderes getan, als die unsinnige Bayern-Maut irgendwie durchzuboxen.

Man weiß in Berlin, dass die Kanzlerin den entscheidungsfreudigen und kommunikativen „Andi“ von der CSU gut leiden kann. Auch sie hat ihn bisher beschützt. Doch Scheuers Zukunft liegt vor allem in der Hand Söders, weniger in der Merkels. Unterläuft ihm künftig ein noch so kleiner weiterer Fehler, dürfte der bayerische Ministerpräsident den Sponti Scheuer aus dem Verkehrsministerium abziehen.

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