Kommentar zum Klimaschutzpaket Halbherzig

Meinung | Berlin · Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung steht in der Kritik. Unsere Autorin meint: Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung auf die Nennung klarer Klimaziele mit konkreten Jahreszahlen in ihrem Klimaschutzgesetz verzichtet. Ein Kommentar

 Die aufgehende Sonne taucht den Himmel hinter einem Kohlekraftwerk in warmes Licht. (Symbolfoto)

Die aufgehende Sonne taucht den Himmel hinter einem Kohlekraftwerk in warmes Licht. (Symbolfoto)

Foto: picture alliance / dpa/Julian Stratenschulte

Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung auf die Nennung klarer Klimaziele mit konkreten Jahreszahlen in ihrem Klimaschutzgesetz verzichtet. Diese Mutlosigkeit macht das Gesetz und das große Anliegen, die Treibhausgase wirksam zu reduzieren, insgesamt unglaubwürdig. Wie soll man sich zu den ersten Schritten aufraffen, wenn kein Gipfelkreuz in Sicht ist?

Auch in punkto Kontrolle bleibt das Gesetz zu wenig ehrgeizig: Im besten Fall wird künftig öffentlich, wenn der Verkehrs-, der Industrie- oder der Landwirtschaftssektor seine Klimaziele nicht erreicht. Allerdings sind keine Mechanismen vorgesehen, welche Konsequenzen sich aus einer Verfehlung ergeben. Vielmehr sollen die Minister selbst entscheiden, wie dann effektiver CO2 eingespart werden kann. Das ist ganz so, als fragte man die Frösche, wie man am besten den Sumpf trocken legt.

Es ist richtig, Klimaschutzpolitik mit Augenmaß zu machen. Der Klimaschutz muss für die Bürger bezahlbar bleiben, darf Wirtschaft und Infrastruktur nicht beschädigen. Aber ohne konkrete ehrgeizige Ziele lassen sich auch keine konkreten ehrgeizigen Ergebnisse erzielen. Diese Halbherzigkeit ist umso weniger zu verstehen, da es ja schon die Erfahrung gibt, dass Deutschland seit Jahren seine Klimaschutzziele verfehlt.

Der Klimaschutz sollte im besten Falle neben der Digitalisierung das Zukunftsfeld schlechthin sein. Gerade entwickelt sich der Klimaschutz aber leider zu einem Thema, das die Gesellschaft spaltet. Mit Fridays for Future und Fridays for Hubraum stoßen schon ideologische Lebenswelten aufeinander. Wenn nun auch noch die radikaleren Protestler von Extinction Rebellion tagelang den Verkehr in Innenstädten blockieren, dann wird sich diese Kluft vertiefen.

Der Klimaschutz braucht Mut, Kreativität und Pragmatismus. Eine Ideologie, die Autos und Fleischkonsum verteufelt, ist nur hinderlich. Die radikalen Klimaschützer müssen sich vorsehen, dass sie mit ihren Provokationen nicht das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollen, hervorrufen. Die Notwendigkeit eines klimafreundlichen Lebensstils kann man nur durch Überzeugung, nicht durch Verbote oder Aggressionen, erreichen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei der UN-Klimakonferenz die deutschen Ziele vor der Weltöffentlichkeit vorgetragen. Nicht zum ersten Mal. Das Image der Klimakanzlerin pflegt sie seit nunmehr 14 Jahren. Bislang hat sie den eigenen Anspruch nicht erfüllt. Das vorliegende Gesetz ist auch nicht verbindlich genug. Die Debatten um die verfehlten Ziele sind schon in Sicht.

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